Ratz erbittet Freispruch

Vorarlberg / 23.07.2014 • 22:28 Uhr
Vernahm Clemens M.: Polizist Gerhard Mair. Foto: VOL.AT
Vernahm Clemens M.: Polizist Gerhard Mair. Foto: VOL.AT

Schlussplädoyers beim Testamentsprozess in Salzburg. Urteile gibt es am Freitag.

Salzburg. Ein wahrer Verhandlungsmarathon, der nahezu zwölf Stunden dauerte, läutete gestern am Landesgericht Salzburg das Finale beim zweiten Rechtsgang des Testamentsprozesses ein. Den Höhepunkt am gestrigen Tag bildeten die Schlussplädoyers von Staatsanwaltschaft und Beschuldigtenvertreter. In zum Teil leidenschaftlichen Worten versuchten die Verteidiger beim dreiköpfigen Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Christina Rott (33) zu punkten. Und das, obwohl vier der fünf Angeklagten bereits rechtskräftige Urteile ausfassten und nur vereinzelte Fakten zur Neubewertung anstehen.

Für Ratz geht’s um viel

Ganz anders verhält es sich diesbezüglich bei Richterin Kornelia Ratz (51). Für sie geht es um die sprichwörtliche Wurst – auch wenn sie selbstverständlich gegen einen allfälligen Schuldspruch berufen könnte. Staatsanwalt Andreas Pechatschek von der Staatsanwaltschaft Steyr ließ gestern keinen Zweifel darüber aufkommen, dass er Ratz für schuldig hält. „Ich bin überzeugt, dass Kornelia Ratz die Tat der Bestimmung zum Amtsmissbrauch zu verantworten hat“, sagte Pechatschek. Etwas überraschend nahm der Ankläger vom Vorwurf des Betrugs Abstand, er hatte zuvor auch eine Anklageschrift nicht entsprechend modifiziert. An der Beweislage habe sich nichts geändert, meinte Pechatschek. Er hält die Zeugen Jürgen H. (50) und Reingard C. (53) für glaubwürdig und fordert für Ratz eine Erhöhung des Strafausmaßes – von zweieinhalb Jahren auf drei Jahre.

Grass und die Literatur

Mit viel Akribie versuchte Ratz’ Anwalt Bertram Grass (67) in Jürgen H.’ Aussagen Widersprüchlichkeiten herauszuschürfen und stellte den Hauptbeschuldigten als jemanden hin, der auch andere einfach in die ganze Sache hineingezogen hatte. Zeugin Reingard C., die ein Gespräch zum Thema Ratz zwischen Jürgen H. und Kurt T. (51) mitgehört haben will, sei nicht glaubwürdig. Das Mutschler-Testament hat laut Grass ins Fälscherthema gepasst. „Dass die Wahl der Erben auf Mutter und Tante von Frau Mag. Ratz fiel, war gar nicht abwegig.“ Zum Abschluss seines Plädoyes bemühte der Anwalt-Veteran sogar die Literatur, um den Begriff Wahrheit zu zelebrieren. Nach Ansicht von Grass passen Wahrheit und ein Schuldspruch gegen seine Mandantin nicht zusammen. Auch Kornelia Ratz wandte sich in ihren Schlussworten höchstpersönlich an die Schöffen. Sie beschwor ihre Unschuld und forderte die Schöffen dazu auf, sich an die Fakten zu halten. „Ich bitte Sie, mich von den Vorwürfen freizusprechen.“

Die Zusammenhänge

Einmal mehr zeigte Manfred Bolter (54) von der Staatsanwaltschaft Feldkirch die Zusammenhänge des Fälschersystems auf und erklärte, wie das Ermittlerteam in mühevoller Arbeit den Verbrechen auf die Spur kam. Man habe Hunderte Fehleintragungen in den Registern nachweisen können. Über zwei Generationen hinweg seien Unterlagen verschwunden. „Beim auftauchenden Verdacht auf eine Fälschung im Fall Isele stand man schon drei Millimeter vor der Aufklärung“, betonte Bolter.

Bald sei auch die Erkenntnis da gewesen: An den Fälschungen wirkten mehrere Personen mit. 
Eine milde Strafe für seinen Mandanten, den Hauptbeschuldigten Jürgen H., erbat dessen Anwalt Klaus Grubhofer (67). „Er hat zur Wahrheitsfindung beigetragen. Er wollte auch bei der Erstverhandlung aussagen. Als er dann aber nur noch hart angegriffen wurde, haben ihm der Arzt und ich abgeraten, weiter auszusagen.“ Grubhofer stellte Ratz wie Privatbeteiligtenvertreter Sanjay Doshi (37) als unglaubwürdig hin. Das Gericht lobte er für die Verhandlungsführung.

Gestern schlug in Salzburg auch die Stunde der Staatsanwälte Pechatschek und Bolter.  Foto: VOL.AT  
Gestern schlug in Salzburg auch die Stunde der Staatsanwälte Pechatschek und Bolter. Foto: VOL.AT