Der erste Schnee ließ keine Herzen höher schlagen

Plötzlicher Wintereinbruch kam in einigen heimischen Skigebieten ungelegen.
Schruns, Lech. Verkehrte Welt in einigen großen Skigebieten des Landes: Es fällt der erste Schnee vom Himmel, und nicht alle sind dort glücklich. Grund dafür: Es laufen noch die letzten Vorbereitungsarbeiten an den Aufstiegshilfen bzw. an den künstlichen Beschneiungsanlagen. So durften am Hochjoch gestern die Monteure wegen Lawinengefahr ihre Arbeit nicht fortsetzen. Ein weiterer Grund dafür, warum der erste Schnee in manchen Skigebieten mit Skepsis beäugt wurde: Er wird wahrscheinlich bald wieder weg sein. Die Wetterprognosen der nächsten Tage sehen eine Rückkehr des milden Herbstwetters voraus – wenn auch nicht mehr in jenem Ausmaß wie in den letzten Wochen.
Was komisch klingt
„Der Schnee kommt uns im Moment nicht gelegen“, sagt der neue Geschäftsführer der Bergbahnen Golm in Tschagguns, Hannes Jochum (44). Dass ihn bei solchen Aussagen ein bisschen das schlechte Gewissen plagt, gibt Jochum schmunzelnd zu. „Ja, ich weiß. Das klingt komisch. Aber wir arbeiten intensiv am Ausbau der Beschneiungsanlage. Und genau jetzt fällt der Naturschnee vom Himmel.“ Jochum räumt ein, dass Naturschnee als der erste Schnee einer neuen Saison sehr selten geworden ist. Normalerweise schießen die Kanonen bereits im Oktober Kunstschnee auf die Hänge. Am Golm will man nach dem abgeschlossenen Ausbau der Kunstschneeanlagen das Motto ausrufen: „In 72 Stunden weiß“.
Arbeiter flüchteten
Ähnliche Probleme gibt es wenige Kilometer weiter östlich am Hochjoch. Auch dort werden sämtliche Beförderungsanlagen überholt und Kunstschneegeräte betriebsbereit gemacht. „Es ist nie angenehm, wenn die intensiven Vorbereitungsarbeiten jäh unterbrochen werden müssen“, betont Pistenchef Markus Büchel. „Es hat bei uns bis zu einem Meter Schnee hingeworfen“, macht Büchel die Dimension des Wintereinbruchs deutlich. So willkommen im Skigebiet Silvretta Montafon sonst jeder Flocken Naturschnee ist, so irritierend ist er just zu diesem Zeitpunkt und in dieser Menge. Die Arbeiter am Berg mussten abgezogen werden – zu gefährlich. Büchel hofft, dass wenigstens ein Teil dieser riesigen Schneemengen die nahende Warmwetterperiode übersteht. Auch am Hochjoch werden die Kunstschneeproduktionsanlagen derzeit von der Seebliga bis zum Grasjoch erweitert. Im größten Skigebiet des Montafons sind ideale Schneeverhältnisse zu möglichst früher Zeit grundsätzlich willkommen. „Wir starten mit dem Betrieb, so bald wir können“, kündigt Büchel an.
Nichts Außergewöhnliches
Gelassen sieht die Situation der Lecher Seilbahnveteran Michael Manhart (72). „Wir konnten noch keine Flocke Kunstschnee produzieren. Es war viel zu warm. Dass wir jetzt auf einmal 70 Zentimeter Naturschnee haben, ist schön.“ Manhart ist zuversichtlich, dass ein Teil des jetzt gefallenen Schnees auch einen Warmwettereinbruch überstehen wird. Naturschnee im Oktober ist für Manhart nichts Außergewöhnliches, auch nicht die große Menge. „Das hat es immer schon gegeben.“ Die Zeit der Kunstschneeproduktion ist dennoch nur aufgeschoben. „Aber wir fangen erst an, wenn es mehr als zwei Tage hintereinander entsprechend kalt ist. Vorher hat’s keinen Sinn“, macht der Lecher Seilbahnchef klar. Allzu lange dürfte das nicht mehr dauern.
Der Schnee kommt uns im Moment nicht gelegen.
Hannes Jochum