BORG Lauterach setzt Schritte gegen radikale Strömungen

Bei Kurdendemo niedergestochener Schüler mit IS-Sympathie löst Kampagne aus.
Lauterach. Das Etikett „unscheinbar“ trug der 16-jährige Sechstklässler schon vor dem 11. Oktober dieses Jahres nicht. In der Schule wollte er Mitschüler und andere zum reinen Islam bekehren, das Display seines Handys soll ein IS-Symbol als Hintergrund gehabt haben. Dann kam besagter 11. Oktober, der Tag der großen Kurdendemonstration in Bregenz. Der Lauteracher BORG-Schüler und ein zweiter Mann wurden im Zuge der Kundgebung verletzt – der Schüler durch Stichverletzungen im Bauch schwer. Was genau passierte, ist immer noch Gegenstand von Ermittlungen.
Konsequenzen
Tatsache ist: Der Schüler kehrte in der Woche vor den Herbstferien in die Schule zurück. Allerdings nur zeitweise. Regelmäßige Termine im Krankenhaus und bei der Polizei ließen einen lückenlosen Unterrichtsbesuch bisher nicht zu. Zu einem Gespräch mit dem Direktor ist es noch nicht gekommen. „Das wird aber sehr bald passieren“, kündigt Schulleiter Michael Schelling (58) an. Gesprochen hat der Direktor bisher nur mit den Eltern des Burschen. Nicht nur für den rekonvaleszenten Teenager wird es an der Bildungsanstalt künftig nicht mehr so sein, wie es einmal war – auch die Schule selbst will Konsequenzen aus dem unerfreulichen Ereignis ziehen.
Islam-Experten
„Wir wollen gezielte Maßnahmen gegen Radikalismus setzen“, verkündet Direktor Schelling. Dazu werden sich am Oberstufengymnasium schon bald Islam-Experten einfinden, aber auch ausgewiesene Kenner im Bereich Integration. Und natürlich wird dem 16-jährigen Schüler mit türkischem Hintergrund genau auf den Zahn gefühlt, wie radikal er tatsächlich ist. „Wir dürfen gewiss eines nicht machen“, sagt Michael Schelling deutlich, „jemanden einfach rausschmeißen, bevor wir nicht seinen Hintergrund kennen.“
Es gelte herauszufinden, inwieweit sich die Haltung des Jugendlichen eventuell durch ein Gemisch von Provokationslust, Pubertät und tatsächlichem Glauben erklären lasse. Auch wenn der Schulleiter letztlich klarmacht: „Jede Form von Radikalität lehnen wir kompromisslos ab. Dabei ist es auch völlig egal, aus welcher Richtung diese kommt.“
Auseinandersetzung
Am BORG Lauterach wird die Aufklärungskampagne gegen Radikalismus in verschiedenen Formaten laufen. So werden sich Pädagogen und Schüler mit den Experten getrennt dem Thema annehmen und dabei entsprechende Strategien entwickeln. „Totalitärem Denken gehört ein Riegel vorgeschoben“, ist für Michael Schelling klar. Es müsse jedoch eine Auseinandersetzung mit dem Problem stattfinden, ohne dass man deswegen von klaren, unmissverständlichen Haltungen abweicht.
Hoher Migrantenanteil
In puncto „Islamauffälligkeit“ ist das BORG Lauterach nicht ganz ohne Vorkommnisse. So hatte vor Jahren ein Schüler versucht, seine persönliche islamische Kleiderordnung durchzusetzen. Der Fall sorgte für einiges Aufsehen. Schließlich endete die ganze Sache mit einer gütlichen Lösung, auch weil der streng gläubige Schüler keinerlei radikale Ansichten vertrat und später auch die Matura erfolgreich absolvierte.
Grundsätzlich verzeichnet das BORG Lauterach einen für AHS-Verhältnisse überdurchschnittlich hohen Anteil an Schülern mit migrantischem Hintergrund. Dabei würden sich Bildungsexperten insgesamt mehr Kinder mit ausländischen, vor allem türkischen Wurzeln an den Höheren Schulen des Landes wünschen. Denn für sie ist klar: Je höher die Bildung desto besser funktioniert Integration.
Wir schmeißen jemanden nicht einfach raus. Aber wir lehnen jede Form von Radikalität ab.
Michael Schelling