Riedschätze und ihr Schutzbedürfnis

Vorarlberg / 02.12.2014 • 19:39 Uhr

Im Falle eines Straßenbaus muss im Ried auf Vögel und Pflanzen geachtet werden.

Lustenau. Kiebitz, Braunkehlchen, Großer Brachvogel, Wachtelkönig, Sumpfgladiole, Lungenenzian: Landschaftsökologe Wolfgang Suske (51) braucht nicht lange, um eine Hitliste der schützenswertesten Geschöpfe im Schweizer Ried aufzulisten. „Gerade diese Vögel und Pflanzen sind das Rückgrat des funktionierenden ökologischen Systems im Ried. Man wird auf sie aufpassen und sie bei einer allfälligen Planung berücksichtigen müssen.“

Treuer Brachvogel

Die Lebensgewohnheiten der Vögel unterscheiden sich zum Teil beträchtlich. So ist der Große Brachvogel etwa der standorttreueste gefiederte Bewohner des Rieds. „Der bleibt seinem Standort treu, auch wenn dieser längst nicht mehr ideal ist. Was bedeutet: Wir müssen seinen Platz immer wieder auf seine Qualität hin überprüfen“, erklärt der Ökologe. Der große Brachvogel ist mit seinem langen Schnabel für das Riedgebiet mit seiner offenen Fläche wie geschaffen. Er muss seine Feinde sehen, was er in seinem Wohngebiet auch tut. Für den Schnabel braucht er das lockere Erdreich, um dort herumzustochern.

Scheuer Wachtelkönig

Der scheue, kaum jemals gesehene Wachtelkönig ist das genaue Gegenteil des Großen Brachvogels. Er kennt überhaupt keine Brutplatztreue, ist mal hier, mal dort. „Er ist auch ein ausgesprochener Feigling“, beschreibt Suske den Vogel. „Er lauert auf seinen Feind und fliegt erst im letzten Moment davon.“ Für die Planung einer Straße habe dieses Verhalten Vor- und Nachteile. Den Wachtelkönig einmal vors menschliche Auge zu bekommen, ist nahezu eine Sensation. Der Wachtelkönig ist jener geschützte Vogel, der lange Zeit als Symbol für die Ablehnung einer Straßenverbindung durch das Ried galt und bei vielen Entlastungsstraßenbefürwortern zu einer Art Feindbild geworden ist.

Dem Kiebitz haftet dieser Ruf nicht an. Den kann man gelegentlich auch sehen, wenn man ihn aufschreckt und er sich dem Beobachter dann als Flieger zeigt. Stichwort Flieger: Mit atemberaubenden Flügen versucht das Kiebitz-Männchen das Weibchen für sich zu gewinnen. Der Kiebitz braucht das flache, offene Gelände, ist nicht brutplatztreu und kommt als einer der ersten Vögel im Frühjahr in Erscheinung. Suske: „Der Kiebitz wird die Bauzeit bestimmen.“

Die Feuchtwiesen

Im Pfeifengras zwischen weit verstreuten kleinen Sträuchern hält sich das Braunkehlchen bevorzugt auf. „Das ist wieder eine ganz eigene Lebensweise“, erklärt Suske. Alle genannten Vögel würden in ihrer Gesamtheit das vielfältige Potenzial des Lebensraums im Riedgebiet dokumentieren.

Dazu zählen als Pflanzen auch die Sumpfgladiole und der Lugenenzian. Beide sind von den extensiven Feuchtwiesen des Schweizer und Lauteracher Rieds abhängig. Ein ganz besonderer Schmetterling braucht den Lungenenzian: Es ist dies der Ameisenbläuling. Die große Herausforderung für die Straßenplaner: Es müssen die notwendigen Maßnahmen getroffen werden, um den Wasserhaushalt in der jetzigen Form aufrechtzuhalten.

Riedvögel in Zahlen

Großer Brachvogel:

Zwei Brutpaare im Projektgebiet

Zehn Brutpaare im gesamten Riedgebiet

100 Brutpaare in ganz Österreich

Kiebitz:

20 Brutpaare im Projektgebiet

23 Brutpaare im gesamten Ried

1000 bis 3000 Brutpaare in ganz Österreich

Braunkehlchen:

13 Brutpaare im Projektgebiet

120 Brutpaare im gesamten Ried

1000 bis 3000 Brutpaare in ganz Österreich