Peter Bußjäger

Kommentar

Peter Bußjäger

Kein Interesse?

Vorarlberg / 17.12.2015 • 20:20 Uhr

Von der Volksabstimmung am vergangenen Sonntag in Liechtenstein wurde bei uns wenig Notiz genommen. Das Thema war auch nicht besonders spektakulär. Es ging um die Reform der Krankenversicherung. Der Landtag hatte ein neues Gesetz beschlossen, über das nun eine Volksabstimmung abgehalten wurde. Mit ungefähr 66 Prozent war die Wahlbeteiligung für liechtensteinische Verhältnisse ausgesprochen niedrig. Die Abstimmung endete mit 53 Prozent zu 47 Prozent zugunsten des Gesetzes.

Die Stimmberechtigten mussten nicht etwa – wie bei uns – eine Wahlkarte beantragen, die dann irgendwo gedruckt und zugestellt wird, sondern konnten ihren Stimmzettel einfach per Brief an die Gemeinde zurücksenden. Die weitaus überwiegende Zahl der Stimmberechtigten machte davon Gebrauch, und nur noch eine Minderheit begab sich am Sonntag in die Wahllokale, die gerade einmal eineinhalb Stunden lang geöffnet hatten.

In Österreich muss man dagegen den Staat belügen, wenn man per Brief wählen will, sofern man nicht zufällig wirklich ortsabwesend ist. Menschen mit Behinderung müssen sich in diskriminierender Weise als „bettlägerig“ deklarieren.

Da ich mich schon vor nicht allzu langer Zeit in einem Kommentar über diese Dummheit der österreichischen Bürokratie geärgert habe, wende ich mich lieber der Volksabstimmung in Liechtenstein zu: Um ein Referendum über einen Gesetzesbeschluss zu bewirken, benötigt man dort 1000 Unterschriften, die innerhalb von 30 Tagen gesammelt werden müssen. Eine kleine Initiativgruppe konnte dadurch die Volksabstimmung gegen ein im Landtag mit überwältigender Mehrheit beschlossenes Gesetz durchsetzen.

Bevor darüber geklagt wird, dass in Vorarlberg so etwas nicht möglich ist, sollte man wissen, dass es bei uns dasselbe Instrument gibt, aber die Bevölkerung davon keinen Gebrauch macht. Bei uns werden für eine Volksabstimmung über einen Gesetzesbeschluss des Landtags 10.000 Unterschriften innerhalb von acht Wochen benötigt. Die Hürden sind angesichts der Größenverhältnisse der beiden Länder ungefähr gleich hoch.

Nun muss man natürlich berücksichtigen, dass Vorarlberg viel schmälere Gesetzgebungskompetenzen hat als der souveräne Staat Liechtenstein. Trotzdem ist es erstaunlich, dass gerne über zu wenig direkte Demokratie gejammert wird, aber die bestehenden Instrumente von den angeblich so Interessierten nicht genutzt werden.

In Österreich muss man dagegen den Staat belügen, wenn man per Brief wählen will.

peter.bussjaeger@vorarlbergernachrichten.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus
und Universitätsprofessor in Innsbruck.