Millionen herrenloser Franken

Vorarlberg / 20.12.2015 • 20:19 Uhr
44 Millionen Franken befinden sich auf 2600 Konten, deren Besitzer nicht kontaktierbar sind.
44 Millionen Franken befinden sich auf 2600 Konten, deren Besitzer nicht kontaktierbar sind.

Schweizer suchen Besitzer von 44 Millionen Franken. Auch Vorarlberger sind dabei.

Schwarzach. Das Telefon klingelt. Ein Banker ist dran. Der unbekannte verstorbene Onkel hat Millionen hinterlassen. Diesen Traum vom unverhofften Erbe hat Holly­wood in unzähligen Filmen verarbeitet. Für einige Vorarlberger könnte er wahr werden. 44 Millionen herrenlose Franken liegen derzeit auf Schweizer Konten. Die Schweizer Bankenwelt startet nun einen letzten Versuch, mögliche Erben zu finden. Mittels Online-Datenbank, in der jeder suchen kann. Ansonsten bekommt der Staat das Geld. Die Uhr tickt.

Geld fürs Staatsbudget

Seit 1. Jänner des Jahres gilt in der Schweiz: Hat eine Bank 60 Jahre lang keinen Kontakt zu einem Konto- oder Schließfachbesitzer, wird das Konto aufgelöst. Der Staat bekommt das Geld. Das Gesetz wurde von den Banken selbst vorgeschlagen. „Es kostet Geld, ein Konto zu betreuen“, erklärt Sindy Schmiegel von der Schweizerischen Bankiersvereinigung auf VN-Nachfrage. Das sei auch der Grund, weshalb sich Banken selbst bemühen, einen Erben zu finden. „Teilweise schon relativ rasch und intensiv, bei gebotener Verhältnismäßigkeit natürlich“, setzt Schmiegel fort. Die Schweiz folgt damit dem Vorbild vieler europäischer Staaten, die bereits über ähnliche Regeln verfügen. Und so läuft’s: Bricht der Kontakt zu einem Kunden ab und ist es auch sonst unmöglich, einen Erben zu kontaktieren, gilt das Konto oder Schließfach zehn Jahre lang als „kontaktlos“. Anschließend wird es 50 Jahre lang als „nachrichtenlos“ geführt.

2600 Konten aufgelistet

Seit wenigen Tagen werden diese herrenlosen Konten auf einer Webseite (https://www.dormantaccounts.ch) aufgelistet. Bedingung: Mindestens 500 Franken müssen drauf sein. Die Schweizer Banken suchen über diese Seite rund 2600 Kontobesitzer und 80 Eigentümer sogenannter Schrankfächer. Der Gesamtwert wird auf
44 Millionen Euro geschätzt. Nicht alle Depots gehören nach einem Jahr dem Staat. Als Übergangslösung wurde beschlossen, dass Vermögen, die seit 1954 oder früher besitzlos sind, fünf Jahre lang abholbereit liegen. Erst bei Konten, die ab 1955 eröffnet wurden, also vor genau 60 Jahren, beträgt diese Frist nur mehr ein Jahr.

Neun Vorarlberger Konten

Auch Vorarlberger sind auf dieser Seite zu finden. Insgesamt neun Konten aus Vorarlberger Gemeinden scheinen in der Suche auf. Mögliche Besitzer können sich direkt über die Homepage bei der betroffenen Bank melden. Aber Achtung: Sollte Ihnen das Konto nicht gehören, bezahlen Sie den finanziellen Aufwand der Bank.

Vielleicht haben einige ja Glück, und ein längst verschollenes Konto taucht wieder auf. Ab sofort werden Schweizer Banken jährlich neue Namen in diese Datenbank einspeisen. Es geht aber auch früher. Die Schweizerische Bankiersvereinigung schreibt: „Personen, die eine Existenz von Vermögenswerten in der Schweiz vermuten, können jederzeit nach diesen suchen, nicht erst nach Ablauf von 60 Jahren. Dazu müssen sie sich an den Schweizerischen Banken­ombudsmann wenden.“ Viel Glück.

Datenbank für Konten, die seit
60 Jahren ohne Kontakt sind:
https://www.dormantaccounts.ch/