Fürst will schwulen Paaren keine Kinder überlassen

Liechtensteiner Fürst erntet mit harten Aussagen über Homosexuelle heftige Kritik.
Vaduz, Schwarzach. Wer sich auf dem internationalen Politparkett bewegen will, sollte des diplomatischen Alphabets mächtig sein. Regel Nummer eins: Niemandem auf die Zehen treten. Johannes Adam Ferdinand Alois Josef Maria Marco d’Aviano Pius Fürst von und zu Liechtenstein, kurz: Fürst Hans Adam II, bewegt sich seit Jahrzehnten auf besagtem Bodenbelag. Nun dürfte er ausgerutscht sein, zumindest ernten seine Aussagen heftige Kritik. Im Neujahrsinterview mit Radio Liechtenstein fragte der Journalist, ob das Verbot für homosexuelle Paare, Kinder adoptieren zu dürfen, 2016 bestehen bleibe. Der Fürst antwortete: „Wenn ich mir vorstelle, dass zwei homosexuelle Männer irgendwelche Knaben adoptieren, womöglich noch aus Entwicklungsländern, dann muss man wirklich sagen, das ist verantwortungslos, wenn man das zulässt.“
Grund der Frage war ein Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs (EGMR) vergangenen Sommer. Dieser verpflichtete Österreich, ein solches Verbot aufzuheben. Für Fürst Hans Adam II sei es zwar etwas anderes, wenn die leibliche Mutter oder der leibliche Vater das Kind in eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft einbringen. „Aber ich glaube schon, dass man da gewisse Grenzen ziehen muss“, fügte er an. Patrick Risch (47) sitzt für die Freie Liste im Liechtensteiner Landtag und kämpft seit 20 Jahren für die Rechte homosexueller Menschen im Fürstentum. Ihn schockiert das Pauschalurteil des Staatsoberhauptes. „Die Haltung zur Adoption darf er natürlich haben. Aber alle in einen Topf werfen und als pädophil zu bezeichnen, ist sehr undiplomatisch“, sagte er auf VN-Nachfrage. Lukas Oehri, Vorsitzender des Vereins „Flay“ für LGBTI (Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Intersexuelle) und deren Freunde, äußerte sich zu den VN ähnlich: „Gestört und schockiert hat mich vor allem die Andeutung, Schwule seien pädophil. Das ist einfach falsch und zeugt von mangelnder Aufklärung oder einfach Ignoranz.“ Das Wort des Fürsten habe Gewicht: „Deshalb war die Aussage für einen weiteren Fortschritt in Richtung Gleichstellung nicht gerade produktiv.“
Den EGMR ignorieren
Landtagsabgeordneter Risch hält auch Hans Adams Äußerungen über den EGMR für bedenklich: „Wie er den Gerichtshof als ‚Lapi-Verein‘ abtut, das geht für ein europäisches Staatsoberhaupt nicht.“ Auf die Nachfrage des Redakteurs, was passieren würde, falls der Gerichtshof das Fürstentum zu so einem Schritt verurteilen würde, meinte Hans Albert: „Ich glaube, diesen Gerichtshof kann man immer wieder ignorieren.“ Und weiter: „Und wenn wir so einem Gerichtsurteil nicht folgen, was sollen sie machen? Ich meine, wir können von hier aus die lange Nase drehen. Sie haben keine Truppen, die bei uns einmarschieren können.“
Hans Adam II ist 70 Jahre alt, hat also miterlebt, als Homosexualität verboten war. 1989 hob Liechtenstein das Totalverbot auf. Im Jahr 2011 stimmten fast 70 Prozent für das Partnerschaftsgesetz, das die Ehe gleichgeschlechtlicher Paare ermöglicht.
Wenn ich mir vorstelle, dass zwei homosexuelle Männer Knaben adoptieren, das ist verantwortungslos.
Fürst Hans Adam im Interview mit Radio L.