Petrus ertränkte Gemüseernte

Dauerregen hat heimischen Landwirten hart zugesetzt. Jetzt Furcht vor großer Hitze.
Höchst, Gaißau. Martin Brunner (56) stapft entlang des Pfades am Rande eines großen Feldes und weicht dabei immer wieder Pfützen aus. „So was“, sagt der Eigentümer des Mahlerhofes am Rohrspitz in Höchst, „so was habe ich zuvor erst ein Mal erlebt. Das war 1999, als der See über die Ufer trat.“ Als „schwierig bis bedenklich“ stuft Brunner die Situation auf seinen fünf Hektar großen Gemüsefeldern ein. Er blickt auf seine Anbauflächen, die zum Teil noch unter Wasser stehen. Auf diesen erntet er gewöhnlich 150 Tonnen köstliches Gemüse im Jahr, heuer wird es um einiges weniger sein.
Alles betroffen
Circa 40 Gemüsesorten produziert der Mahlerhof: Zucchini, Stangenbohnen, Kraut, Zwiebeln, Lauch, Sellerie, Tomaten, Kartoffeln, Salate und einiges mehr. Es riecht verführerisch gut im Lagerhaus des Gemüsebauern. Denn das, was Brunner und seine neun Mitarbeiter vom Feld hereingebracht haben, schaut nicht nur gut aus, sondern ist auch gut und gesund. „Heuer bin ich echt froh, dass wir auch Kräuter und Balkonpflanzen in unserem Sortiment führen“, sagt Brunner. Jammern gehört nicht zu seinem Artikulationsrepertoire. Brunner erzählt emotionslos, wie es dazu kam. „Es war nicht der singuläre Dauerregen über ein paar Stunden. Es waren diese permanenten Regenfälle, die sich über einige Zeit erstreckten. Es hat einfach immer wieder geschüttet. Und irgendwann ist es dann zu viel.“
Felder nicht zugänglich
Die ersten Sorten, die förmlich ertranken, waren Zucchini und Stangenbohnen. Danach wurde alles andere auch in Mitleidenschaft gezogen. „Die eine Sorte stärker, die andere weniger stark.“ Martin Brunner hat die Zuversicht nicht verloren. „Es bleiben ja noch Möglichkeiten für weitere Saaten“, wirft der Gemüsebauer, der den Betrieb von seinem Vater übernommen hat und vom Höchster Dorf in das Naturschutzgebiet Rheindelta gezogen ist. Versichern kann man sich gegen Ernteausfälle nicht. „Das musst du einfach hinnehmen, wie es ist“, zuckt Brunner mit den Achseln.
Oft sind er und andere Gemüsebauern zur völligen Untätigkeit gezwungen. Denn: Wenn die Felder im Wasser stehen, kann niemand hinein, um notwendige Arbeiten zu verrichten. Oft nicht einmal die Menschen – und ganz sicher nicht Maschinen.
Bemerkenswert ist der Zusammenhalt der Gemüselandwirte untereinander. Man hilft sich gegenseitig in Extremsituationen. „Damit fahren alle am besten“, meint Brunner.
Viele Erdbeeren kaputt
Wenige Kilometer weiter westlich liegt die auf Gaißauer Gemeindegebiet ansässige Erdbeerfarm Karg. In Tagen wie diesen herrscht auch dort Tristesse. Erntearbeiter Radek Dyderski (39) fährt mit dem VN-Team vom Hof hinein in die Felder. Wir gelangen zu einem Haufen verfaulter Erdbeeren. „Die haben wir erst heute aussortiert“, berichtet Dyderski. Der Pole fürchtet sich nun vor der angesagten Hitze. Das kann vielen Erdbeeren den Rest geben. Es drohen Pilzbefall und andere Schädlinge. Dietmar Karg (56) spricht von beträchtlichen Ausfällen. „Die frühen Erdbeeren konnten wir noch herausziehen. Doch jetzt wird’s kritisch. Vieles ist verfault. Auf den verbliebenen 1,5 Hektar Fläche sind bereits 50 Prozent der Erdbeeren kaputt.“
Auch Karg jammert nicht und verweist auf das stets bestehende Risiko für Landwirte, die von den Launen der Natur abhängig sind.
Wie groß der Schaden in den weitläufigen Erdbeerfeldern letzten Endes ist, wird sich erst in den nächsten Tagen herausstellen. „Es kann noch einiges passieren, was wir jetzt noch nicht wissen“, zeichnet Karg ein eher düsteres Bild. Schwacher Trost: Die bisher geernteten Bodenfrüchte schmecken ausgezeichnet.
Es hat einfach immer wieder geschüttet. Irgendwann war’s zu viel.
Martin Brunner
