Keine Giftwolken wie auf Schweizer Feldern

Vorarlberg / 08.06.2017 • 18:26 Uhr
Spritzaktion auf einem Großfeld. Im Ackerbau landen tonnenweise Pestizide in der Natur. Symbolbild: dpa
Spritzaktion auf einem Großfeld. Im Ackerbau landen tonnenweise Pestizide in der Natur. Symbolbild: dpa

Pestizide in Vorarlberg. Es gibt sie, aber laut Umweltinstitut in erträglichem Ausmaß.

Bregenz. In der Schweiz, und dort vor allem im Wallis, wird in der Landwirtschaft Gift gespritzt, was das Zeug hält. Aber auch unweit vom Bodensee entdeckten Forscher in Steinobstplantagen eine viel zu hohe Konzentration von Insektiziden. Das Massenblatt „Blick“ schlägt Alarm.

Im Wallis fliegen Hubschrauber über die Weinberge und spritzen das Mittel auf die Reben, wobei auch Gewässer und angrenzende Flächen getroffen werden und in eine weiße, stinkende Wolke tauchen. Die Pestizide sollen Schädlinge vernichten und die empfindlichen Reben vor Pilzbefall schützen. Die breitflächig verspritzten Pflanzenschutzmittel gelangen in den Naturkreislauf und in die Nahrungskette.

Umweltschützer schlagen Alarm und beklagen den Umstand, dass sich die Giftspritzer nicht einmal an bestehende gesetzliche Bestimmungen halten. 2200 Tonnen Herbizide, Fungizide und Insektizide kommen nach Angaben von „Blick“ in der Schweiz jährlich zum Einsatz.

Nahe am Bodensee

In Österreich ist es laut Christoph Scheffknecht (53) vom Umweltinstitut Vorarlberg um einiges mehr: 3782 Tonnen. „Ich kann mir diese Menge für Österreich nicht erklären“, räumt der Experte ein. Zahlen über die in Vorarlberg verwendeten Mengen an Pflanzenschutzmitteln existierten nicht. In unserem Bundesland, so Scheffknecht, sei der Gebrauch von Pestiziden jedoch überschaubar. Heftig umstritten ist der Unkrautvertilger Glyphosat. Diese Substanz wird von der Weltgesundheitsorganisation als krebserregend eingestuft. Über ihre mögliche Zulassung für weitere zehn Jahre gibt es immer wieder emotionale Diskussionen. Die offensichtlich massive Verwendung von Glyphosat nahe des Schweizer Bodenseeufers bleibt laut Scheffknecht bei uns ohne gravierende Folgen.

„Der Bodensee ist Wasserspeicher für fünf Millionen Menschen. Für uns nicht.“ Durch die sehr ausgereiften Messmethoden würde man heutzutage schnell Rückstände aller vorhandenen Substanzen finden. „Natürlich müssen wir uns auch die Zuflüsse immer wieder anschauen. Luftverfrachtungen gibt es kaum.“

Vorteil von Grünflächen

In Vorarlberg komme es aufgrund der kleinstrukturieren Landwirtschaftsflächen nicht zu massiven Pestizideinsätzen, sagt der Experte. Freilich gibt es auch bei uns Glyphosatrückstände in Lebensmitteln und Trinkwasser. So konnte der Wirkstoff in zwei von zuletzt 543 untersuchten Wasserproben entdeckt werden. Auch in Lebensmitteln werden vereinzelt Grenzwertüberschreitungen festgestellt. „Aber es gibt kein flächendeckendes Problem“, versichert Scheffknecht.

Private als Unbekannte

Regelmäßige Kontrollen auf Rückstände von Pflanzenschutzmittel in landwirtschaftlichen Betrieben werden von der Abteilung Landwirtschaft des Landes organisiert. „Wir überprüfen jährlich sechs Prozent aller Betriebe“, erklärt Clara Hämmerle von der zuständigen Stelle im Landhaus. Da es in Vorarlberg viele Grünflächen für die Nutzung von Viehwirtschaft gebe, seien die Ackerbau betreibenden Betriebe im Vergleich dazu nicht so viele. „Und nur diese verwenden Pflanzenschutzmittel“, berichtet Hämmerle. Durchgeführt werden die Kontrollen von der TÜF Austria Cert G.mb.H.  Große Auffälligkeiten negativer Art seien ihr noch nicht untergekommen.

Das Problem der Umweltbelastung durch Pflanzenschutzmittel liegt laut Umweltanalytiker Scheffknecht weniger im gewerblichen Bereich als bei privaten Nutzern. „Zum einen können wir die nur schwer kontrollieren. Zum zweiten fehlt Privatpersonen oft das Wissen über solche Mittel. Und dann wird gerne lieber etwas mehr als zu wenig verwendet.“

Glyphosatrückstände gibt es auch bei uns. Ein flächendeckendes Problem sind sie jedoch nicht.

Christoph Scheffknecht