Ganz einfach zu Bier und Wein

Vorarlberg / 17.07.2017 • 19:30 Uhr
Ganz einfach zu Bier und Wein

Vier von zehn unter 16-Jährige erhielten bei Testkäufen ein alkoholisches Getränk.

Schwarzach. Das Gesetz ist eindeutig: Jugendliche unter 16 Jahren dürfen kein Bier, keinen Wein und keine Zigaretten kaufen; für unter 18-Jährige gibt’s keinen Schnaps, Whiskey und keine anderen Brände. Würde sich jeder an Gesetze halten, die Welt wäre eine andere. Auch im Jugendschutz finden sich Verstöße. Über deren Anzahl herrscht allerdings Verwirrung. Während Kinder- und Jugendanwalt Michael Rauch Alarm schlägt, beruhigt die Wirtschaftskammer. Beide haben Testkäufe in Trafiken und Supermärkten durchführen lassen – und kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.

Sorgenkind Bregenz

Die Kinder- und Jugendanwaltschaft führte im ersten Halbjahr dieses Jahres 80 Testkäufe durch. 20 Mal pro Bezirk versuchten Jugendliche, an Alkohol zu kommen. Im Bezirk Bregenz waren sie 17 Mal erfolgreich, in Feldkirch vier Mal. Im Vorjahr war Feldkirch noch das Sorgenkind. Michael Rauch vermutet: „Insgesamt haben wir im Vorjahr drei Mal Anzeige erstattet, alle im Bezirk Feldkirch. Vielleicht hat sich das herumgesprochen.“ Der Trend, dass der Kauf einfacher geworden ist, habe sich jedenfalls bestätigt. Waren es zwischen 2012 und 2015 unter 30 Prozent der Testkäufer, die ihr Getränk erhielten, stieg die Zahl im Vorjahr auf 40 Prozent; nun sind es 41 Prozent. „Die Ergebnisse sind nicht zufriedenstellend“, bemängelt Rauch. Wobei Tankstellen und einmalige Events wie Märkte schlechter abschnitten als der Handel.

Seit 2016 führt die Kinder- und Jugendanwaltschaft auch Testkäufe bei Zigaretten durch. Von 60 Versuchen erhielten die Jugendlichen 29 Mal eine Packung Zigaretten – jeder zweite Kauf war also erfolgreich. Am konsequentesten agierten Trafiken, dort hat nur jeder vierte Tester Zigaretten erhalten.

Die Wirtschaftskammer kann die Ergebnisse nicht nachvollziehen. Julius Moosbrugger ist Geschäftsführer der Trafikanten. Er berichtet von eigenen Testkäufen. „Unsere Ergebnisse sind nicht ident.“ Die Kammer hat das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) beauftragt. Im Alkoholbereich wurden heuer 45 Tests durchgeführt, in 16 Prozent der Fälle sei der Jugendliche an Alkohol gekommen. Rauchs Team kam auf 41 Prozent. In Trafiken war von 24 Versuchen jeder fünfte Kauf erfolgreich. Beim Kinder- und Jugendanwalt war es jeder zweite.Die Kinder- und Jugendanwaltschaft führt ihre Tests im Auftrag des Landes durch. Pro Jahr finden 80 bis 100 Zigarettentestkäufe und 180 Alkoholtestkäufe statt. „Beim Tabak reicht das, im Alkoholbereich sollten wir mehr Tests durchführen“, fordert Rauch. 40 Stück pro Bezirk seien zu wenig.

Strafen nur im Notfall

Das Land reagiert jedenfalls auf die Ergebnisse. Demnach wird die Wirtschaftskammer aufgefordert, ihre Mitglieder nochmals zu sensibilisieren und auf Schulungen aufmerksam zu machen. „Außerdem starten wir Nachkontrollen“, betont Michael Rauch. Er setze zwar auf Prävention, Wiederholungstäter werden aber angezeigt. In der Gewerbeordnung bewegt sich der Strafrahmen zwischen 180 und 3600 Euro, auch der Entzug der Gewerbeberechtigung ist möglich. Die Höchststrafe laut Kinder- und Jugendgesetz beträgt 5000 Euro.

Sowohl der Unternehmer als auch der Angestellte, der Tabak oder Alkohol unerlaubt aushändigt, werden bestraft. Für die Wirtschaftskammer sind Strafen deshalb problematisch, erläutert Julius Moosbrugger. „Wenn der Unternehmer Schulungen macht, das Gesetz ausgehängt und alles nachweisen kann, kommt er der Strafe aus. Dann trifft es vielleicht die Teilzeit-Mitarbeiterin, die 1200 Euro verdient und ein Kind zu ernähren hat.“

Mitte 2018 kommt auf Jugendschützer und Trafikanten eine neue Herausforderung zu. Dann nämlich ist Rauchen erst ab 18 erlaubt.

Im Alkoholbereich sollten wir mehr Testkäufe durchführen.

Michael Rauch