Automatismus birgt Gefahren

Die Arbeiterkammer warnt: Beim automatischen Steuerausgleich könnte viel Geld fehlen.
Feldkirch. Der Lohnsteuerausgleich gehört zu jenen Dingen im Leben, die an den Nerven zehren, viel Zeit in Anspruch nehmen, sich am Ende aber lohnen. Schließlich erhält jeder Bürger jenes Geld zurück, das er zu viel ans Finanzamt überwiesen hat. Der Steuerausgleich heißt in der Fachsprache „Arbeitnehmerveranlagung“ und wird seit diesem Jahr automatisch durchgeführt. Für viele Menschen eine große Erleichterung, schließlich kennt das Finanzamt ja alle Daten. Allerdings ist Vorsicht geboten, wie die Steuerrechtsexpertin der Vorarlberger Arbeiterkammer (AK), Eva-Maria Düringer, erklärt. Sie hatte bereits mit einigen Arbeitnehmern zu tun, denen der Automatismus zu wenig Geld zugesprochen hat. Als Beispiel nennt sie Herrn J. Der Koch hätte fast um 1798 Euro weniger erhalten.
Herr J. ist viel unterwegs. Er kommt nicht jedes Jahr dazu, seine Steuerrückzahlung zu beantragen, meist sammeln sich einige Jahre an. Zuletzt machte er seine Arbeitnehmerveranlagung im Jahr 2012. Heuer erhielt er erstmals einen Brief zur „antragslosen Arbeitnehmerveranlagung“, wie es heißt. Das Finanzamt teilte ihm darin mit, dass ihm 1043 Euro Steuergutschrift zustehen. Wolle er das Geld auf sein Konto überwiesen haben, müsse er nichts weiter tun. Herr J. ging auf Nummer sicher und ließ die zuständige Abteilung der Arbeiterkammer drüberrechnen. Und siehe da: Herrn J. würden 2841 Euro zustehen. 1798 Euro mehr, als das Finanzamt gezahlt hätte. Dies hat mehrere Gründe.
Kinder unberücksichtigt
Zum einen blickt das Amt bei der Berechnung zwei Jahre zurück. So steht es im Gesetz. Hätte es in den Unterlagen zu J.s Ausgleich im Jahr 2012 nachgesehen, hätte sich herausgestellt, dass er Alleinverdiener ist und Kinder hat. „Auch das Finanzamt verfügt über die Daten von 2012 und hätte das eigentlich berücksichtigen sollen“, betont AK-Expertin Düringer. Zum anderen berücksichtigt das Finanzamt von sich aus weder Alleinerzieher- und Alleinverdienerabsetzbeträge noch Kinderfreibeträge. Die AK schätzt: Da das Finanzamt beim automatischen Steuerausgleich nur zwei Jahre zurückrechnet, seien bei Herrn J. die Jahre 2013 und 2014 unberücksichtigt geblieben. Würde J. also der Automatik vertrauen, hätte er 8000 bis 9000 Euro verloren.
Auch die Pendlerpauschale bleibt außen vor, wie Düringer im VN-Gespräch wieder anhand eines Falles erklärt. So habe das Finanzamt die Negativsteuer von 400 Euro automatisch berechnet. Die zusätzlichen 100 Euro an Pendlerpauschale, die der betreffenden Person zustehen, schienen nicht auf. Düringer hält fest: „Solche Fälle kommen flächendeckend in ganz Österreich vor.“
Auch wenn der Geldbetrag in der automatischen Steuerrückzahlung im ersten Moment verlockend klinge, solle man sich die Berechnung noch einmal ansehen. „Schauen Sie nach und überlegen Sie sich, ob die Daten wirklich Sinn ergeben. Kommen zum Beispiel Ihre Kinder vor?“, rät Düringer. Im Zweifelsfall soll man lieber bei Experten nachfragen. Das Beispiel von Herrn J. sei zwar das frappierendste, das der AK im Land untergekommen ist, aber jeder könnte betroffen sein.
Jene, die bereits eine automatische Rückzahlung erhalten haben, können dennoch Ruhe bewahren. Sollten Absetzbeträge fehlen, können diese immer noch beim Online-Steuerausgleich nachgereicht werden.
Die Fälle kommen flächendeckend in ganz Österreich vor.
Eva-Maria Düringer
Beratung der AK-Steuerrechtsexperten unter 05522/306-3105
und 050/258-3105.