Chance Digitalisierung
Das Umweltbundesamt (UBA) ist eine staatliche Einrichtung, die der Politik in Bund und Ländern Entscheidungsgrundlagen liefert, Daten über den Zustand der Umwelt in Österreich erhebt und wissenschaftliche Expertisen erstellt. Mittlerweile sind über 500 Personen im Umweltbundesamt tätig. Natürlich ist das Amt in Wien angesiedelt. Wo auch sonst hätten nach bisherigem Verständnis Bundeseinrichtungen ihren Platz gefunden?
Der für Umweltangelegenheiten zuständige Bundesminister Andrä Rupprechter hat vor, Einrichtungen des Bundes aus Wien in die Länder zu verlegen. Dies wäre der ausgewogenen Entwicklung der Regionen in Österreich dienlich und würde dem brain-drain, also der Abwanderung gut ausgebildeter junger Menschen in die Zentralräume, entgegenwirken.
Ich habe vor den Nationalratswahlen mit einer Nationalratsabgeordneten der Grünen auf Twitter eine kurze Diskussion geführt, ob das UBA aus Wien abgesiedelt werden könnte. Sie meinte, man müsse solchen Plänen Widerstand leisten, schließlich leiste das UBA wichtige Beratungsdienste für die Politik. Ich fragte sie, ob das UBA diese Beratung nicht auch erbringen könne, wenn es sich außerhalb Wiens befinde. Dabei verwies ich auf die Möglichkeiten der Digitalisierung, die heute eine Verlagerung von Verwaltungseinrichtungen in die Regionen erleichtern, worauf ich keine Antwort mehr erhielt.
Viele Politiker sprechen heute ständig in einer Weise von Digitalisierung, als ob das Smartphone erst gerade erfunden worden wäre. Das Wort wird häufig mit der Bedrohung von Arbeitsplätzen und dem Verlust von Nahebeziehungen verbunden. Die Chancen der Digitalisierung werden demgegenüber heruntergespielt: Eine Einrichtung wie das UBA muss schon längst nicht mehr ihren Sitz in Wien haben, weil Akten elektronisch hin und her geschickt und Besprechungen auch im Rahmen von Videokonferenzen geführt werden können. Sogar in die Ausschüsse des Nationalrats könnte man per Videokonferenz Experten einbinden, wenn man nur wollte.
Es ist zu hoffen, dass die Chancen der Digitalisierung für die Verwaltungsreform von der neu zu bestellenden Bundesregierung erkannt und gegen Widerstände aus Politik und Bürokratie genutzt werden.
„Das Wort wird häufig mit der Bedrohung von Arbeitsplätzen und dem Verlust von Nahebeziehungen verbunden.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
Kommentar