Gegen die Mauern des Alltags

Vorarlberg / 21.11.2017 • 19:29 Uhr
Der Landesvolksanwalt möchte die Persönliche Assistenz ausweiten, der Landesrat zunächst einmal die aktuelle Regel beobachten.
Der Landesvolksanwalt möchte die Persönliche Assistenz ausweiten, der Landesrat zunächst einmal die aktuelle Regel beobachten.

Menschen mit Behinderung werden im Land zukünftig stärker gehört.

Bregenz Ein Zaun, eine Mauer, ein Burggraben: Das Wesen einer Barriere ist deren schwierige bis unmögliche Überwindbarkeit. Manchmal beabsichtigt, manchmal vorhanden, weil sie nicht als Barriere wahrgenommen wird. Menschen mit Behinderungen kämpfen mit einer Fülle an Unüberwindbarkeiten. Der Vorarlberger Monitoringausschuss erstellte deshalb eine Liste mit solchen Barrieren, vergangene Woche besprach Landesvolksanwalt Florian Bachmayr-Heyda mit Landesrat Christian Bernhard die weitere Vorgangsweise. Menschen mit Behinderung sollen demnach besser eingebunden werden.

Wer im Rollstuhl sitzt und einen Bekannten im zweiten Stock eines Wohnblocks besuchen möchte, muss auf einen Lift hoffen. Im Bericht des Monitoringausschusses heißt es dazu: „Im Bereich Wohnen ist die Barrierefreiheit von allen Wohnungen wünschenswert, nur so ist eine volle gesellschaftliche Teilhabe möglich. Das Fehlen von Liftanlagen wird besonders kritisiert.“ Menschen, die schlecht oder nichts hören, stehen vor anderen Problemen. Sie bemängeln etwa, dass in Krankenhäusern, Arztpraxen, Behörden und Ämtern die nächste Person meistens aufgerufen wird. „Das kann von gehörlosen Personen nicht wahrgenommen werden.“

Selbst entscheiden

Bei der Arbeitssuche wiederum nehmen Gehörlose die Arbeitsassistent(inn)en oft als bevormundend wahr. „Hörende sollten nicht darüber entscheiden, was Gehörlose tun können oder nicht“, heißt es im Ausschussbericht. In Zügen fehlten visuelle Hinweise auf den nächsten Halt, in Bussen seien sie aufgrund der Werbeeinschaltungen schlecht wahrzunehmen. Menschen mit Sehbehinderung bemängeln dagegen, dass es kaum Ansagen gibt. „Besonders positiv wurde bewertet, dass Begleitpersonen gratis mitfahren dürfen und die Bezahlung der Tickets im Zug ohne Aufpreis erfolgen kann“, schreibt der Monitoringausschuss weiter.

In Restaurants hingegen sollten die Speisekarten in Brailleschrift angeboten werden. Zudem seien für Sehbehinderte bauliche Maßnahmen besonders wichtig. Gewünscht werden zum Beispiel Leitsysteme im Spital, wobei starke farbliche Kontraste wichtig seien. Der Monitoringausschuss schreibt: „Als negatives Beispiel wurde ausgerechnet die Augenabteilung des LKH Feldkirch genannt, welche absolut in Weiß gehalten ist.“ Bei neuen Baunormen sollten deshalb Menschen mit Sehbehinderung mit einbezogen werden.

Stellungnahmen des Ausschusses

Zumindest bei Themen, die den Sozialfonds betreffen, geschieht das in Zukunft, wie der zuständige Landesrat Bernhard Landesvolksanwalt Bachmayr-Heyda versicherte. „Menschen mit Behinderung werden direkt einbezogen. Außerdem wird der Monitoringausschuss zu allen Konzepten, Gesetzen und Verordnungen eine Stellungnahme abgeben“, berichtet Bachmayr-Heyda. Auch die verschiedenen Anliegen aus dem Ausschuss wurden angesprochen, wie Bernhard ausführt. Beim Maßnahmenpaket geht es vor allem darum, die UN-Behindertenrechtskonvention in Vorarlberg umzusetzen. Der Landesvolksanwalt betont: „Das Land ist auf dieser Seite total säumig. Aber ein Paket zu erstellen ist nicht einfach, das kann dauern.“ Bei der Persönlichen Assistenz ist er sich mit dem Landesrat nicht einig. Bachmayr-Heyda fordert, dass Assistenten auch im Haushalt helfen dürfen.

Bei der Bautechnikverordnung sind alle Monitoringausschüsse in Österreich gemeinsam aktiv. Sie lassen derzeit per Gutachten untersuchen, ob die UN-Behindertenrechtskonvention auch für die Verordnungen der Länder gilt. Falls ja, würde es nicht mehr reichen, einen Lift erst ab dem vierten Geschoss vorzuschreiben.

„Persönliche Assistenz ist toll. Sie sollte aber auch als Haushalts­hilfe möglich sein.“

Gegen die Mauern des Alltags