Zähmung des Rheins muss warten

Generalplan für Hochwasserschutzprojekt Rhesi wird frühestens im Sommer stehen.
Koblach, Widnau, St. Margrethen Rhein-Erholung-Sicherheit, kurz Rhesi genannt, ist eines der großen regionalen Projekte für Vorarlberg. Die Gefahren des Alpenstroms im Rheintal sollen durch großflächige Korrekturen des Flussbetts und des Umlandes entschärft, die Fließgeschwindigkeit verringert, die Durchflusskapazität von derzeit 3100 Kubikmeter pro Sekunde auf 4300 Kubikmeter pro Sekunde erweitert werden. Das Rhesi-Planungsgebiet erstreckt sich auf 26 Kilometer vom Illspitz bis zur Bodenseemündung. Über 500 Millionen Euro kostet das riesige Bauvorhaben, das von Österreich und der Schweiz finanziert und staatsvertraglich fixiert werden soll. Eigentlich hätte der Plan für das sogenannte Generelle Projekt bis Ende Jahres stehen sollen. Eine Forderung, die Landeshauptmann Markus Wallner immer wieder erhoben hat.
Sieben Hektar Land
Doch der Planungsprozess, der 2011 begonnen wurde, ist ins Stocken geraten. Es gab und gibt schwierige Knackpunkte, von denen einige gelöst werden konnten, andere nicht. „Zwei sind übrig geblieben: die Aufweitung des Flusses bei Koblach und die Suche nach alternativen Trinkwasserbrunnen auf Höhe Widnau bei der Viscose“, konstatiert Projektleiter Markus Mähr.
In Koblach geht es um ca. sieben Hektar fruchtbares Land, das die Aufweitung des Rheins mit einer Dammabrückung beanspruchen würde. Land, das zum Großteil für landwirtschaftliche Zwecke verwendet wird und das die 524 Nutzungsberechtigten im Falle einer Umsetzung des Projekts in vorliegender Form eins zu eins abgeglichen haben wollen. „Wir brauchen Garantien, dass das so kommt“, hat Peter Mathis, Sprecher der Nutzungsberechtigten mehrfach erklärt. Am kommenden Montag gibt es im Koblacher Gemeindesaal eine Informationsveranstaltung, bei der Nutzungsberechtigte und Bevölkerung von Projektleiter Markus Mähr Informationen erhalten und Fragen beantwortet bekommen sollen. Einschätzungen über die weitere Entwicklung in der schwierigen Situation wollen weder Peter Mathis noch Koblachs Bürgermeister Fritz Maierhofer treffen. „Wir wollen zuerst diese Veranstaltung abwarten“, gaben sich beide gegenüber den VN wortkarg.
Wohin mit den Brunnen?
Der zweite Knackpunkt für Rhesi liegt auf der Schweizer Seite des Rheins. Es geht um insgesamt sechs Trinkwasserbrunnen bei Widnau im Rheinvorland. Um in diesem Bereich eine Aufweitung des Rheins zu realisieren, müssen die Brunnen verlegt werden. Auch diese Maßnahme gestaltet sich für die Projektbetreiber schwierig. Dennoch ist Mähr optimistisch: „Wir arbeiten eng mit dem Wasserwerk Mittelrheintal zusammen und prüfen alternative Standorte in unmittelbarer Nähe des Außendamms. Diese Abklärungen dauern noch einige Zeit. Erst bis circa Juni wissen wir, ob diese Standorte funktionieren.“
Chefsache
Ausgleichend in den Prozess eingreifen will Landeshauptmann Markus Wallner, der Rhesi schon längst zur Chefsache erklärt hat. „Auf die Schweizer Angelegenheiten habe ich natürlich keinen Einfluss, aber in Koblach müssen sich alle gemeinsam um eine Lösung bemühen. Wir sitzen da im selben Boot. Jede Verzögerung des Gesamtprojekts schadet dem Hochwasserschutz“, betont Wallner. Er habe den Nutzungsberechtigten einen Eins-zu-Eins-Abgleich ihrer Flächen außerhalb des jetzigen Außendamms verbindlich zugesichert. Wallner: „Ich verstehe, dass hier Unsicherheit vorherrscht. Ich habe ihnen auch einen Regierungsbeschluss angeboten, falls sie noch Zweifel an unseren Absichten haben. Wichtig ist: Wir müssen das Projekt durchziehen.“
Immerhin ein langjähriges Problem hat die Projektleitung weniger: In Hard/Fußach ist die vorgesehene Dammabrückung vom Tisch. Mähr: „Wir werden dort jetzt die vorhandene Fläche bis zum Äußersten ausnutzen.“
„Jede Verzögerung dieses so wichtigen Projekts Rhesi schadet dem Hochwasserschutz.“
Fakten zu Rhesi
Rhesi Kürzel für Rhein, Erholung und Sicherheit
Projektinhalt Hochwasserschutzprojekt für den Alpenrhein vom Illspitz bis zur Bodenseemündung auf 26 Kilometern Länge
Ziel Erhöhung der Durchflusskapazität von derzeit 3100 m3 auf 4300 m3
Geplanter Baubeginn 2022
Geplante Umsetzungsdauer 20 Jahre
Betroffen 26 Kommunen auf beiden Seiten des Rheins; 13 in der Schweiz, 13 in Österreich
Ungefähre Gesamtkosten 500 Millionen Euro