Listenhüpfen
Peter Pilz hat sich entschieden, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe der sexuellen Belästigung hinter sich zu lassen und wieder in die Politik einzusteigen. Die Klubmitglieder seiner Nationalratsfraktion sind einstimmig zur Auffassung gelangt, dass dies eine gute Idee ist und ihre Wahlkampflokomotive ins Parlament einziehen sollte. Nicht einig sind sie sich derzeit noch, wer von ihnen sein Mandat für Peter Pilz zur Verfügung stellen soll. Einige haben sich bereits gemeldet und versichert, dass sie im Nationalrat völlig unabkömmlich seien. Vielleicht werden sie im Klub das beliebte Kinderspiel „Reise nach Jerusalem“ spielen, bei dem die flinkeren Abgeordneten ihren Sitz retten könnten.
Eigentlich sind die Abgeordneten vom Volk gewählt. Peter Pilz hätte ein Mandat im Parlament errungen, hat aber letztlich darauf verzichtet. Dass jetzt jemand aus dem Kreis der Abgeordneten aus dem Parlament ausziehen soll, nur weil Pilz es sich anders überlegt hat, ist unsinnig. Allerdings erlaubt es das Gesetz, über diverse Verzichtserklärungen genau jene Person ins Parlament zu hieven, welche die jeweilige Parteiführung will.
Diese seltsamen Praktiken gibt es freilich schon lange. Ein aktuelles Beispiel liefert auch die Liste Kurz: Die Vorarlberger Erstgereihte auf der Landesliste hatte ihr Mandat verfehlt, weil die ÖVP in den Regionalwahlkreisen erfolgreich war und zu wenig „Reststimmen“ für die Landesliste übrig blieben.
Da sie aber auch auf der Bundesliste kandidiert hat, hätte sie dort ein frei werdendes Mandat erhalten können. Weil jedoch in der Parteiführung anders entschieden wurde, wird nun eine Tiroler Abgeordnete, die eigentlich über ihre Landesliste in den Nationalrat hätte einziehen können, dieses Mandat auf der Bundesliste annehmen. Martina Ess kann daher nicht nachrücken. Das frei werdende Tiroler Mandat bekommt ein altgedienter Abgeordneter.
Dieses komplizierte, ausschließlich parteitaktisch motivierte Listenhüpfen ist ein Ärgernis. Es könnte nur durch ein neues Wahlrecht beendet werden, in dem klarer zwischen den verschiedenen Ebenen unterschieden wird. Entweder man kandidiert im Wahlkreis oder auf der Landes- bzw. der Bundesliste. Ein nachträgliches Herumgeschiebe wäre damit nicht möglich.
„Dieses komplizierte, ausschließlich parteitaktisch motivierte Listenhüpfen ist ein Ärgernis.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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