Rote Karte für „Hurensohn“

Vorarlberg / 24.01.2018 • 21:39 Uhr
Per Brief informierte die Schule über die Anti-Schimpfwort-Kampagne.

Per Brief informierte die Schule über die Anti-Schimpfwort-Kampagne.

Volksschule Kirchdorf in Lustenau startet Anti-Schimpfwort-Kampagne.

Lustenau „Leo ist ein Hurensohn!“ Als Ingrid Ellensohn vergangenen Dezember dieses lautstark artikulierte Schimpfwort auf dem Schulhof der Volksschule Lustenau vernahm, platzte ihr der Kragen. Sie blieb stehen und sprach den Beschimpfer an: „So etwas zu sagen ist verboten. Das tut man nicht.“ Und weil der Sozial- und Lebensberaterin, die an der VS Kirchdorf ein langfristiges Projekt mit der Bezeichnung „Beziehungs-Service“ leitet, diese Episode nicht mehr aus dem Kopf ging, beschloss sie, das Problem zu thematisieren. „Ingrid kam auf uns zu, und wir waren sofort angetan von der Idee, gegen den häufigen Gebrauch von Schimpfwörtern etwas zu unternehmen.“

Unterste Schublade

Für die Lehrer der VS Kirchdorf ist klar: Schimpfwörter sind sehr oft der Auslöser für Aggression und körperliche Gewalt. „Man kann nicht einfach jemanden als Arschloch bezeichnen, ohne dass diese Person gekränkt ist. Das gilt für Kinder genauso wie Erwachsene“, erklärt Direktor Christoph Wund. Die Pädagogen machen sich keine Illusionen: Schimpfwörter der untersten Schublade sind an der Schule gang und gäbe. Mehr noch: „Sie sind selbstverständlich geworden. Den Kindern ist vielfach nicht bewusst, wie verletzend viele dieser Schimpfwörter sind“, weiß Wund. Dabei gibt es immer wieder neue Modewörter von beleidigendem Charakter. „Eines dieser neuen Schimpfwörter ist zum Beispiel ‚Hackfresse‘“, berichtet der Schulleiter

Gemeinsam mit den Eltern

Die Initiative gegen Schimpfworte ist mit den Eltern abgestimmt. Sie erhielten einen Brief von der Schulleitung, der auch in türkischer und arabischer Sprache verfasst wurde. „Ich weiß, wie sehr dieses Thema auch den Eltern ein Anliegen ist“, betont Ingrid Ellensohn, die im Rahmen ihrer Beziehungsarbeit oft bei Schülereltern vorbeikommt. Ihr Appell und jener der Lehrer an die Eltern: „Bitte sprecht dieses Thema auch zu Hause an.“ Die Kampagne ist für einen längeren Zeitraum geacht, um nachhaltig zu wirken.

Der Gebrauch von Schimpfwörtern wird mittlerweile geahndet. „Kinder, die beim Schimpfen erwischt werden, müssen etwas Gutes für die Schulgemeinschaft tun“, schwört Wund auf positive pädagogische Maßnahmen.

Wie bin ich höflich?

Positiv wirkt derzeit an der VS Kirchdorf auch der Pantomime Thiemo Dalpra. Er gibt in den Klassen „Höflichkeitsvorstellungen“, in denen die Schüler auf humorvolle Art und Weise respektvolles und wertschätzendes Verhalten untereinander und gegenüber ihren Lehrern lernen. In Rollenspielen üben die Kinder, wie man in Alltagssituationen höflich ist. Erste Früchte dürfen Lehrer und Direktor bereits ernten. „Da kommt unlängst ein Schüler zu mir, der etwas abholte. Bevor er ging, wünschte er mir noch einen schönen Tag. Das hat mich nicht nur gefreut, sondern ist mir als etwas Außergewöhnliches aufgefallen“, erzählt Wund.

In der Volksschule Kirchdorf soll nun das Außergewöhnliche zum Gewöhnlichen werden.

Höflichkeit will in heutigen Zeiten gelernt sein. Pantomime Thiemo Dalpra macht das auf seine Art und Weise. VN/Stiplovsek
Höflichkeit will in heutigen Zeiten gelernt sein. Pantomime Thiemo Dalpra macht das auf seine Art und Weise. VN/Stiplovsek
Höflichkeit will in heutigen Zeiten gelernt sein. Pantomime Thiemo Dalpra macht das auf seine Art und Weise. VN/Stiplovsek
Höflichkeit will in heutigen Zeiten gelernt sein. Pantomime Thiemo Dalpra macht das auf seine Art und Weise. VN/Stiplovsek