Abschusserlaubnis für Rotwild in der Schonzeit lässt die Wogen hochgehen

Vorarlberg / 23.04.2019 • 16:30 Uhr
Abschusserlaubnis für Rotwild in der Schonzeit lässt die Wogen hochgehen
Dieses Foto hatte im Vorjahr für Betroffenheit gesorgt. Ein abgemagerter Hirsch, verendet im Tiefschnee als Dokument für den Zwist zwischen Jagd und Forst.Broger

Dicke Luft unter Jägern im Kleinwalsertal: Früherer Hegeobmann nimmt Nachfolger und Behörde ins Visier.

Mittelberg Das Foto hat aufgewühlt. Ein toter Hirsch, abgemagert im Schnee: Aufgenommen im Februar des letzten Jahres im Kleinwalsertal steht das Bilddokument für das Spannungsfeld zwischen Interessen der Grundstückseigentümer und der Jagd. Ein Fütterungsverbot wegen Wildbiss war sein Todesurteil.

14 Monate später gehen die Wogen wieder hoch. Das Rotwild ist im Schwarzwassertal noch immer unerwünscht. Jetzt streiten sich allerdings die Jäger selbst. Der frühere Hegeobmann Friedrich Kessler schießt gegen seinen Nachfolger quer und nimmt die Jagdbehörde ins Visier. Was ihn empört: Eine amtliche Ermächtigung, heuer das Rotwild bereits seit 15. April bejagen zu dürfen. Die geschwächten Tiere sollen Mitten in der sonst üblichen Schonzeit mit behördlichem Sanktus erlegt werden können.

Kessler, langjähriger Hegeobmann und noch immer Mitglied im Jagdausschuss, nimmt kein Blatt vor den Mund. “Es muss alles geschossen werden, um jeden Preis. Das hat mit Jagdethik nichts mehr zu tun”, schimpft er.

Druck der Grundbesitzer

Ein halbes Dutzend Rotwild ist den Grundbesitzern ein Dorn im Auge. Immense Schäden hatten sie heuer bereits angerichtet, bestätigt Michael Metzler von der Jagdbehörde der BH Bregenz. Nach der emotionalen Debatte im Vorjahr mit den in den VN veröffentlichten Fotos der toten Hirsche gab es eine Art Schonfrist, Notfütterung inklusive. Beides ist jetzt vorbei. Tatsächlich müssen die Hirsche weg. “Auf Druck der Grundstücksbesitzer”, wie Metzler sagt. Die Entscheidung selbst sei allerdings auf breiter Basis getroffen worden. Wildbiologe und neuer Hegeobmann seien eingebunden gewesen. Erlegt dürfen demnach fünf männliche Hirsche werden. Das sei so auch tierschutzrechtlich unproblematisch, so Metzler. Mit einer neuen Abschussplanverordnung haben es jetzt die Jäger selbst in der Hand.

Konsens scheint im Kleinwalsertal jedoch keiner zu herrschen. Die Grünröcke sparen dabei auch gegenseitig nicht mit Kritik. Viel zu spät habe man heuer mit der Notfütterung begonnen, beklagt Friedrich Kessler. Sein Nachfolger Günther Graf verweist wiederum darauf, sich selbst um die Fütterung gekümmert zu haben. Fotos würden einen guten Zustand des Wildes dokumentieren. In seiner Amtszeit seien jedenfalls keine Tiere verhungert, schießt er verbal zurück.

Jäger in der Verantwortung

Von den Behörden gibt es grünes Licht zum Abschuss. “Eine Jagd auf geschwächte Tiere”, ärgert sich Friedrich Kessler. Und wie wolle man das richtige Wild erkennen, jetzt ohne Geweih, fragt er sich. Die Tiere hätten es “abgeworfen”. Den Ball spielt die Behörde den Jägern zu. Diese hätten dafür zu sorgen, dass nur das definierte Wild geschossen wird.

Und das dürfte derzeit nicht möglich sein. Die Hirsche werden trotz amtlicher Erlaubnis wohl noch länger nicht erlegt. “Derzeit läuft auch noch die Fütterung”, beruhigt Günther Graf. Anhand von Fotos und den Abwurfstangen (Anm.: Geweih) soll das betroffene Wild später ausgemacht werden und erst in der normalen Schusszeit erlegt werden. Friedrich Kessler jedenfalls traut dem Frieden nicht. Er will Hinweise haben, wonach die Verordnung sehr wohl umgesetzt werden könnte.

Abschusserlaubnis für Rotwild in der Schonzeit lässt die Wogen hochgehen
Der frühere Hegeobmann Friedrich Kessler ärgert sich über eine behördliche Ermächtigung, Rotwild schon seit 15. April erlegen zu dürfen. Kessler