Warum immer mehr Vorarlberger unter Fehlsichtigkeit leiden

Vorarlberg / 10.10.2019 • 13:00 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Warum immer mehr Vorarlberger unter Fehlsichtigkeit leiden
Optometristin Juliette Müller, Geschäftsführerin von Müller Optik, geht die Arbeit nicht aus. Vor allem junge Menschen leiden immer häufiger an Fehlsichtigkeit. FOTOS: VN/SAMS

Heute, am 10. Oktober, wird der Welttag des Sehens begangen. Bereits jeder dritte Vorarlberger ist kurzsichtig. Bei den Jungen ist der Anteil deutlich höher.

Feldkirch, Schwarzach Es war ein schleichender Prozess. Bemerkbar machte sich die Kurzsichtigkeit von Emma Lerch beim Mitfahren im Auto. Die Zehnjährige musste die Augen zukneifen, um die Ortsschilder richtig lesen zu können. Auch in der Schule tat sie sich immer schwerer, um die Schrift an der Tafel entziffern zu können. Es führte kein Weg am Augenspezialisten vorbei.

Der heutige 10. Oktober rückt das in unser Blickfeld, was im Alltag meist für selbstverständlich genommen wird: das Sehvermögen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt anlässlich dieses Tages vor einer zunehmenden Beeinträchtigung des Sehvermögens. Rund die Hälfte der Weltbevölkerung wird bis zum Jahr 2050 kurzsichtig sein, heißt es vonseiten der österreichischen Augenärzte (ÖOG).

In Vorarlberg leiden bereits 30 Prozent der Bevölkerung an Kurzsichtigkeit (Myopie), erklärt Simon Bitsche, Sprecher der Vorarlberger Landesinnung der Optiker. Weitsichtigkeit betrifft ein Viertel aller Vorarlberger, wobei der Sehfehler oftmals erst im Alter bemerkt wird.

Bildschirme machen kurzsichtig

Die Landesinnung der Augenoptiker warnt, dass genau wie Emma immer mehr Kinder und Jugendliche unter Kurzsichtigkeit leiden. In Vorarlberg ist bereits jeder zweite junge Mensch davon betroffen. „Kurzsichtige Menschen sehen in der Nähe scharf und in der Ferne verschwommen. Grund dafür ist ein zu langer Augapfel“, erklärt Juliette Müller, Optometristin und seit 2014 Geschäftsführerin in vierter Generation von Müller Optik Feldkirch. Ein wesentlicher Faktor für die Zunahme dürfte neben genetischen Faktoren auch der Umstand sein, dass immer mehr Zeit vor Bildschirmen – Smartphone, Computer, TV – verbracht wird: „Unser Alltag hat sich verändert. Durch das ständige Schauen auf kurze Distanz verlernt das Auge, in die Weite zu blicken“, erklärt die 37-Jährige.

Juliette Müller,  Optometristin und Geschäftsführerin in vierter Generation von Müller Optik Feldkirch. Das Geschäft feiert heuer das 100-jährige Jubiläum.
Juliette Müller, Optometristin und Geschäftsführerin in vierter Generation von Müller Optik Feldkirch. Das Geschäft feiert heuer das 100-jährige Jubiläum.

Der Wechsel zwischen Weit- und Fernsicht fehle beim Gebrauch von Bildschirmen. Das Fortschreiten von Kurzsichtigkeit kann nur im Kindesalter beeinflusst werden. „Das ist wichtig, denn auch wenn Kurzsichtigkeit keine Krankheit ist, steigt im Erwachsenenalter die Wahrscheinlichkeit von Augenerkrankungen, wie Netzhautablösungen oder Grauer Star“, betont Müller. 

Weitsichtig im Alter

Die zunehmende Arbeit vor dem Bildschirm sei ebenso eine Belastung für Erwachsene, und hier besonders für Menschen, die im Büro arbeiten. 73 Prozent der Erwerbstätigen sind laut österreichischem Gesundheitsbericht 2016 an ihrem Arbeitsplatz durch körperliche Belastungen beeinträchtigt. Als häufigster Grund wird neben der Gefahr von Unfällen die starke Anstrengung der Augen genannt.

Die Weitsichtigkeit (Hyperopie) tritt eher im Alter auf, wobei laut Landesinnung der Optiker ein Viertel aller Vorarlberger darunter leidet.

Zeit im Freien

Um der Kurzsichtigkeit entgegenzuwirken, empfiehlt Juliette Müller, Pausen einzulegen und viel Zeit im Freien zu verbringen, damit das Auge auch in die Distanz blicken kann. Zwei Stunden im Tageslicht seien ideal. „Augenbewegungen sind wichtig, um das statische Sehen in der Nähe zu überwinden. Steifgewordene Augenmuskeln werden durch das Fixieren von Blickpunkten in der Weite wieder flexibel“, erklärt die Optometristin.

Der heutige Welttag des Sehens soll jedenfalls auf die großen Herausforderungen aufmerksam machen, die das wichtige Sinnesorgan zu bewältigen hat. Neben Augentraining seien regelmäßige Kontrollen und medizinische Vorsorgeuntersuchungen im Abstand von etwa sechs Monaten bei Augenarzt oder Optiker wichtig, betont Juliette Müller. „So können frühzeitig Probleme erkannt und Lösungen gefunden werden.“ Im Falle von Emma Lerch kamen sogenannte Ortho-K-Linsen, die sich hierzulande immer größerer Beliebtheit erfreuen, zum Einsatz. Die Nachtlinsen verformen die Hornhaut im Schlaf, wodurch die Fehlsichtigkeit reduziert wird. Die Formänderung ermöglicht am Tag scharfes Sehen.

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