Tun, was geht
Staatshilfen werden viel zu kompliziert gemacht, es gibt zu wenig COVID-19-Testungen, Spitalskapazitäten sind begrenzt und die Wartezeiten bei der Gesundheitsnummer 1450 unerträglich lang: Klagen häufen sich. Zunächst sind besonders Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gelobt worden, Bedrohungsszenarien und nötige Gegenmaßnahmen ruhig, aber konsequent zu kommunizieren. Das tritt nun in den Hintergrund.
„Die Bürokratie lässt besonders kleine und mittlere Unternehmen verzweifeln. Das ist brandgefährlich.“
Wobei man fair sein sollte: Bisher war es populär, von einem schlanken Staat zu reden. Wer eine Senkung der Steuer- und Abgaben-„Belastung“ versprochen hat, wurde gewählt. Da und dort sieht man heute, wohin das führt. In anderen Bereichen ist man wiederum froh, dass nicht ernst gemacht worden ist: Das Bundesheer könnte wesentlich mehr zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beitragen, wenn es nicht ausgeblutet worden wäre. Spitäler sind dagegen groß und zahlreich geblieben. Kaum ein Industrieland hat so viele Betten in Relation zur Bevölkerung. Das ist Glück im Unglück, auch wenn selbst das wohl schon bald nicht ausreichen wird.
Jahrhundertkrise
Wenn man auf den Staat schimpft, sollte man im Übrigen nicht vergessen, dass wir mit einer Jahrhundertgesundheitskrise konfrontiert sind, auf die man sich besser, aber nie gut genug hätte vorbereiten können: Die bestehenden Steuern hätten sicher nicht gereicht, die nötigen Kapazitäten bereitzuhalten. Millionen Schutzmasken, Testungsmöglichkeiten, Hunderte Mitarbeiter für die Notrufdienste und so weiter und so fort.
Eine Mehrheitsmeinung nach dieser Krise wird wohl sein, dass ein starker Staat gut ist. Ja, es ist sogar zu erwarten, dass er ausgebaut wird. So ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die verstaatlichte Industrie zu einer Renaissance kommen wird: Viele Betriebe sind gefährdet, Bund, Länder und Gemeinden werden systemrelevante übernehmen müssen.
Schnelle Reaktion
Womit wir bei einem Punkt angelangt sind, der abseits gesundheitspolitischer Fragen für die größte Verärgerung sorgt: Kurz und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) haben erfreulicherweise ein Paket über 38 Milliarden Euro zur Rettung möglichst vieler Firmen und damit auch Arbeitsplätze angekündigt. Zusatz: Wenn mehr nötig ist, wird es mehr geben. Das Problem ist jedoch, dass die Bürokratie besonders kleine und mittlere Unternehmen verzweifeln lässt. Das ist brandgefährlich, da kann man nur hoffen, dass auf der Stelle reagiert wird: Sonst wandern unzählige Arbeitnehmer nicht in die Kurzarbeit, sondern auf die Straße; eine Kündigung ist nämlich noch immer der einfachere Weg.
Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.
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