Hüter einer historischen Uhr: Rund um die Uhr im Dom

Vorarlberg / 04.05.2020 • 10:00 Uhr
Hüter einer historischen Uhr: Rund um die Uhr im Dom
Rudi Thaler kümmert sich seit seinen Jugendjahren um die Turmuhr. VN/JLO

Rudolf Thaler hütet die historische Uhr im Feldkircher Dom.

Nenzing, Feldkirch Früher hatten Turmuhren eine sehr große Bedeutung für das öffentliche Leben, richtete sich doch der gesamte Tagesablauf an den von Weitem sichtbaren Zeitmaschinen aus. Auch heute noch dienen die Kirchturmuhren als wichtige Orientierungspunkte in den Kommunen, obwohl jeder bereits mit seinem Smartphone eine eigene Uhr mit sich herumträgt. Damit die Uhren in luftiger Höhe auch weiterhin ihren Dienst tun, arbeiten im Hintergrund im ganzen Land zahlreiche Freiwillige an der Instandhaltung der teilweisen sehr geschichtsträchtigen Maschinen.

Einer dieser Ehrenamtlichen ist Rudolf Thaler, genannt Rudi, der sich seit seiner Kindheit um das stattliche mechanische Wunder im Inneren des Feldkircher Doms kümmert. „Mein Vater war bereits Uhrmacher und kümmerte sich als solcher um die Turmuhr im Feldkircher Dom. Mein Weg war da praktisch vorgegeben“, erzählt Thaler. Der Nenzinger absolvierte die Uhrmacherfachschule in Karlstein und übernahm nach seiner Rückkehr nach Vorarlberg neben dem elterlichen Betrieb auch die Obsorge über die Turmuhr, sehr zur Freude des Technikenthusiasten.

Schmuckstück im Dom

„Die Uhr wurde 1924 für den Feldkircher Dom angefertigt“, erzählt Rudi Thaler. „Damals muss viel Geld investiert worden sein, denn die Uhr ist wunderschön und für die damaligen Verhältnisse sehr aufwendig gebaut worden. Das war quasi der Rolls-Royce der Turmuhren“, sagt der Nenzinger und schmunzelt. Weltweit gebe es von dem Exemplar nur 20 Stück, davon befinden sich gleich drei in Vorarlberg. „Eine dieser Uhren ist in Riezlern im Kleinwalsertal und eine weitere in Bludenz, jedoch in einer Low-cost-Ausführung“, sagt Thaler. Dass die Uhr noch heute sekundengenau funktioniert, ist dabei unter anderem seinem Einsatz zu verdanken.

Die im vierten Stock des Domturms situierte Uhr wurde mit einem Hochpräzisionspendel von Sigmund Riefler ergänzt, der als Physiker, Astronom und Uhrmacher seiner Zeit weit voraus war und die genauesten Uhren der Welt anfertigte. Die Ansprüche an Genauigkeit nahmen dennoch im Laufe der vielen Jahre immer weiter zu und spätestens seit der Einführung der Sommerzeit 1980 gab es auch noch das Problem mit der Zeitumstellung, schildert er. „1983 ist mir aber eine Lösung eingefallen, wie sich die Uhr automatisch umstellen lässt.“ Auch der Umbau auf GPS-Steuerung ist dem Tüftler zu verdanken. „Die bei vielen Funkuhren übliche dcf77-Funkschaltung war durch den starken Funkverkehr zeitweise gestört, was die Umstellung notwendig gemacht hat.“ Das große, mittlerweile schon 96 Jahre alte Uhrwerk blieb aber dennoch von großen Umbauten verschont und kann nach wie vor auch rein mechanisch betrieben werden.

Auch als pensionierter Uhrmacher ist Thaler weiterhin unterwegs. „Ich repariere auf Anfrage immer noch Uhren – von der mechanischen bis zur elektronischen“, sagt er. Das Problem seien heutzutage aber meist die Ersatzteile, die manche Uhrmarken nur noch an bestimmte Händler ausliefern.“ Zudem gebe es viele billige Exemplare, bei welchen bei einem Schaden das gesamte Uhrwerk ausgetauscht werden müsse. Das Uhrmacherhandwerk selbst erfordert viel Verständnis in den Bereichen Technik, Mathematik und Physik. „Es müssen Zahnräder berechnet, Hemmungen ausgelotet oder die Eingriffstiefe bestimmt werden“, sagt Thaler. „Ein Uhrmacher lernt dabei, jedes Teil (bis auf die Zahnräder) selbst herzustellen.“ Erfreulich sei für ihn, dass aktuell eine Rückbesinnung auf mechanische Uhren stattfindet. „Mechanische Uhren sind jetzt wieder im Trend“ sagt er. „Schade ist aber, dass die Ausbildung lange vernachlässigt wurde.“