Mummenschanz
Just, als meine Brille beschlägt, sagt mein Gegenüber bemüht beiläufig: „In zwei Jahren werden wir uns daran gewöhnt haben.“ Dabei perlen ihm Schweißtropfen von der Stirn. Mein Unmut über den blöden Scherz entlädt sich in einem wütenden Schnauben, das meine Brillengläser vollends erblinden lässt. Die höchst spitzfindige Replik verheddert sich im Gewebe meiner Atemmaske und betritt als unverständliches Gebrabbel die Welt. Ende des Gesprächs.
Wird es wirklich so sein? Werden wir uns in zwei, drei Jahren routiniert maskiert an die unbeholfenen Anfänge erinnern? Staunend die unappetitliche Welt vor der Krise beäugen, in der hemmungslos umarmt und geknutscht wurde? Als man an der Bar noch Erdnüsschen aus offenen Schalen klaubte und Getränke aus nicht desinfizierten Gläsern genoss? Werden wir mit wohligen Grausen an diese unhygienischen Urzeiten zurückdenken, in etwa so, wie wir heute einen Film aus den 1970er-Jahren belächeln, weil Lino Ventura darin unentwegt raucht oder Helmut Qualtinger jenseits aller je existenten Schönheitsideale und auch noch sturzbetrunken dennoch die Szene beherrscht?
Werden unsere Kindeskinder das überhaupt glauben? Oder hat Opa wieder mal heimlich am Desinfektionsmittel geschnuppert? Man weiß es nicht. Aber so viel weiß man: Es wird Zeit, dass der Wirt meines Vertrauens wieder aufsperrt.
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