Dritter Teil der VN-Wanderserie: Fleischfressende Pflanzen und Frauenschuhe im Gadental

Vorarlberg / 26.06.2020 • 18:57 Uhr
Dritter Teil der VN-Wanderserie:  Fleischfressende Pflanzen und Frauenschuhe im Gadental
Lukas Rinnhofer führt ins Gadental im Großen Walsertal. FOTOS: RINNHOFER

Dritter Teil der VN-Wanderserie: Fleischfressende Pflanzen und Frauenschuh im Europaschutzgebiet Gadental.

Sonntag Unsere heutige Wanderung führt in den Biosphärenpark Großes Walsertal. Der Biosphärenpark wurde im Jahr 2000 gegründet und international von der UNESCO ausgezeichnet. Der Biosphärenpark zeichnet sich durch zahlreiche artenreiche Magerwiesen und vielfältige naturbelassene Gebiete aus. Auf unserer Wanderung schauen wir uns heute das Europaschutzgebiet (Natura 2000-Gebiet) Gadental etwas genauer an.

Besondere Blüte: Gelber Frauenschuh.
Besondere Blüte: Gelber Frauenschuh.

Die Wanderung startet am hinteren Parkplatz zum Alpengasthof Bad Rothenbrunnen in Buchboden. Der Weg beginnt gemütlich ansteigend und schon hier können wir zahlreiche Blumen entlang des Weges entdecken. Spannend wird es nach einigen Kurven an einer Stelle, an der das Wasser an den Felsen Quelltuff geformt hat. Dieses kalkreiche Wasser tritt hier an die Oberfläche und der Kalk lagert sich an Moos, Blättern und kleinen Ästen ab und bildet faszinierende Formen. Aufmerksame Wanderer können hier auch eine weitere Besonderheit entdecken – das fleischfressende Fettkraut. Diese Pflanze hat sich darauf spezialisiert, einen Teil seiner Nährstoffe aus kleinen Insekten aufzunehmen. Die Insekten bleiben auf den klebrigen, dicken Blättern haften und die Pflanze beginnt das Blatt langsam einzurollen und mit Hilfe eines Verdauungssekrets verdaut die Pflanze das Insekt. Mit dieser Anpassung kann das Fettkraut nährstoffarme Lebensräume wie Moore und nasse Felsbereiche besiedeln.

Unser Weg führt uns weiter zum schön gelegenen Bad Rothenbrunnen. Bevor der Weg in Richtung Gadenalpe ansteigt, bieten sich für Familien entlang des Matonabaches schöne Bereiche, um mit den Kindern die Schotterflächen am Wasser zu erforschen und einen schönen Tag zu verbringen. Für alle die etwas weiter gehen wollen, führt uns der Weg hinein in die Biosphärenpark Kernzone Gadental. Hier wird die Natur sich selbst überlassen und auf jede forstwirtschaftliche Nutzung verzichtet. So können sich die Waldflächen im Laufe der Zeit wieder zu echten Naturwäldern mit Totholz, Spechten, Fledermäusen und zahlreichen Insektenarten entwickeln.

Orchidee mit Insektenfalle

Zu Beginn des Sommers lässt sich hier entlang des Weges auch die größte heimische Orchideenart entdecken. Der seltene Gelbe Frauenschuh ist mit seiner großen gelben Blüte immer wieder faszinierend. Auch für Insekten und hier vor allem für Wildbienen, die vom Duft der Orchidee angelockt werden und in die kesselförmige Blüte hineinfliegen. Nicht ahnend, dass es in der Frauenschuh-Blüte jedoch gar keinen Nektar für die Bienen gibt, denn es handelt sich hier um eine sogenannte Täuschblüte. Frustrierend ist für die Biene auch, dass sie über die glatten Wände nicht mehr ins Freie gelangt und somit in der Falle sitzt. Der einzige Ausweg aus der Blüte führt über einen kleinen Ausgang am Hinterende der Blüte. Um dorthin zu gelangen, muss die Wildbiene unter den Bestäubungsorganen hindurch. Somit ist für die Orchidee garantiert, dass sie bestäubt wird und auch gleich ein neuer Pollen von der Biene zur nächsten Blüte mitgenommen wird. Wirklich spannend, was sich die Natur so einfallen lässt. Diese wunderschönen und äußerst seltenen Blumen sind natürlich streng geschützt. Daher bitte nur den schönen Anblick genießen, vielleicht mit einem Foto festhalten und sich an der Schönheit dieser Pflanze erfreuen ohne sie auszureißen. Aber auch außerhalb der Frauenschuh-Blühtezeit bietet das Gadental ein wunderbares Naturerlebnis. Je nach Wandermotivation bieten sich hier verschiedene Möglichkeiten. Entweder gemütlich bis zur Gadenalpe und nach einer Stärkung wieder zurück oder schon kurz vor der Gadenalpe hinauf über die Matonalpe bis auf die Wangspitze auf 1872 Metern.

Quelltuff-Formation im Gadental.
Quelltuff-Formation im Gadental.

Der 360-Grad-Ausblick von hier über das Gadental und weiter Teile des Biosphärenparks ist beeindruckend. Nach einer gemütlichen Rast geht es an den Abstieg. Von hier kehrt man auf demselben Weg wieder zurück nach Bad Rothenbrunnen oder man kann die Tour auch als schöne Rundwanderung mit Abstieg über die verfallene Wangalpe und die Rindereralpe machen.

Wer das Ganze in entgegengesetzter Richtung machen möchte, startet am besten in Buchboden. Von hier gibt es am Wochenende und an den Feiertagen auch die Möglichkeit, den Alpbus zur Klesenza Alpe zu nutzen. Anmeldung erforderlich!

Beeindruckender Blick in das Gadental. <span class="copyright">LR, VN</span>
Beeindruckender Blick in das Gadental. LR, VN

Unterwegs im Europaschutzgebiet Gadental

Wanderung Wangspitze Distanz: 13 Kilometer, Gehzeit ca. 5:45 Stunden, 990 Höhenmeter im Auf- und Abstieg, als Rundtour kommen ca. 2 km und weitere 30 Minuten Gehzeit dazu

 

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln Landbus 78 von Thüringen, umsteigen in Sonntag auf Landbus 77a bis Buchboden, Rufbus zwischen Sonntag und Buchboden. Kurs fährt nur bei Bedarf, Anmeldung am Vortag bis 20 Uhr oder eine Stunde vor der Abfahrtszeit unter Tel. 0664/88295404, bei Rundwanderung Anmeldung für Fahrt zur Klesenza Alpe unter alpbus.grosseswalsertal.at erforderlich!

 

Einkehrmöglichkeiten Alpen­gasthof Bad Rothenbrunnen mit köstlicher Kuchenauswahl. Im Frühsommer auf der Gadenalpe, im Hochsommer auf der Matonaalpe. Gasthof Kreuz und Café Pension Jäger in Buchboden biosphärenpark.haus in Sonntag mit schöner Ausstellung, Einkehr- und Einkaufsmöglichkeit für regionale Produkte.

Biosphärenpark

Einwohner 3490; Fläche 192 m2; Höchster Punkt Rote Wand 2704 m; landwirtschaftlich geprägte Region (v.a. Milchwirtschaft); weitere Informationen unter: www.grosseswalsertal.at

Im vierten Teil der zehnteiligen VN-Wanderserie am Mittwoch führt Naturführer und Biologe Lukas Rinnhofer zum Lünersee im Rätikon.