„Die Schüsse galten eindeutig uns“

Konträre Aussagen am Landesverwaltungsgericht nach Polizei-Schüssen in Nenzing.
Nenzing, Bregenz Der Fall zog einen ordentlichen Wirbel nach sich: Während einer Amtshandlung im Rahmen der Covid19-Verordnung gab ein Polizist am 20. März dieses Jahres nahe der Ramschwag-Ruine in Nenzing mehrere Schüsse aus seiner Dienstpistole ab (die VN berichteten). Zu diesem Zeitpunkt saßen drei junge Oberländer – zwei Frauen und ein Mann – auf einer Bank bei der Ruine und sind noch heute überzeugt: „Die Schüsse galten eindeutig uns.“
So lautete auch ihre einhellige Aussage als Beschwerdeführer bei der Verhandlung am Landesverwaltungsgericht am Dienstag in Bregenz.
„Übermotiviert“
„Und weshalb hatten Sie den Eindruck, dass die Schüsse Ihnen galten?“, wollte Landesverwaltungsrichter Dietmar Ellensohn wissen. „Der Polizist war nach meinem Empfinden übermotiviert und wollte uns einschüchtern. Außerdem war außer uns niemand in der Gegend. Die Beamten sagten später außerdem, sie hätten nach jemandem mit einem roten Pulli gesucht. Und meine Freundin trug damals einen roten Pulli“, begründete der Mann unter den Angesprochenen seine Auffassung.
Außerdem sei der betreffende Polizist später zu ihnen gestoßen und hätte geschmunzelt. „Daraufhin dachte ich, dass ihm bewusst war, dass er etwas falsch gemacht hatte“, ergänzte der Beschwerdeführer. Alle drei Zeugen bestätigten allerdings, dass der Beamte während der Schussabgabe gar nicht zu ihnen hin gesehen hätte.
„Nur Signalschüsse“
Anders die Aussage des betroffenen Beamten: „Eine Nenzingerin hatte uns an jenem Tag mitgeteilt, dass mehrere Leute auf der Ruine eine Coronaparty feiern würden. Wir fuhren mit Streifen hin. Vor Ort trennte ich mich von meinem Kollegen und ging dann allein ein Waldstück unter der Ruine hinunter.“ Von den drei jungen Leuten auf der Ruine hätte er zu diesem Zeitpunkt noch niemanden gesehen.
Aus „dienstlicher Vorsicht“ habe sich der Beamte dann entschieden, nicht mehr weiter allein in den Wald zu gehen. „Ich habe den Dienst gesund angetreten. Und so gesund wollte ich damals auch wieder nach Hause gehen“, begründete er. Stattdessen habe er über Funk Unterstützung anfordern wollen. „Doch das Funkgerät funktionierte nicht, da war nichts auf dem Display. So habe ich zwei Schüsse nach oben in ein leere Wiese als taugliches Mittel zur Standortbestimmung abgefeuert. Es waren also nur Signalschüsse.“
Dumpfe Klänge
Sein Kollege hatte sich in der Zwischenzeit bereits bei den späteren Beschwerdeführern auf der Ruine eingefunden. Dieser Polizist sagt: „Ich stand zum Zeitpunkt der Schussabgabe unmittelbar bei den drei jungen Leuten. Eine von ihnen fragte mich, ob das ein Schuss war. Ich antwortete ihr, dass ich das schon glaube, obwohl ich selbst nur dumpfe Klänge wahrgenommen habe. Jedenfalls anders, als das auf dem Schießstand klingt.“ Im Übrigen habe er damals nichts von einer Verängstigung der nunmehrigen Beschwerdeführer bemerkt, und schon gar nicht, dass sich sich bedroht gefühlt hätten.
„Reine Schutzbehauptung“
Rechtsanwalt Patrick Beichl, Vertreter der Beschwerdeführer, sprach von einer „reinen Schutzbehauptung“ der Beamten. Sein Gegenüber, Beamtenvertreter Arnold Brunner von der Bezirkshauptmannschaft Bludenz, glaubte hingegen klar stellen zu müssen: „Die Beweisaufnahme hat eindeutig ergeben, dass es sich um Signalschüsse gehandelt hat.“
Es kam am Dienstag zu keiner Entscheidung, Landesverwaltungsrichter Ellensohn wird sich über die Aussagen beugen und die Entscheidung schriftlich ausfertigen.