Wie die Brauchtumspflege unter Corona leidet

Krise bedeutet für Trachtenvereine eine Mehrfachbelastung.
Vandans Einige Trachtenvereine haben es sich nicht nehmen lassen, am 13. September, dem Tag der Hl. Notburga, ihre Trachten anzuziehen. Sie gilt als Schutzpatronin aller Trachten- und Heimatverbände Österreichs. „Doch eigentlich ist seit März coronabedingt das Vereinsleben unserer 60 Mitgliedsvereine zum Erliegen gekommen“, schildert Ulrike Bitschnau, Obfrau des Vorarlberger Landestrachtenverbandes die Situation und erklärt weiter, dass die meisten Vereine die Proben eingestellt hätten. Für die Tanzgruppen sei es ganz schwierig. Das Tanzen sei zwar erlaubt, allerdings mit einem Meter Abstand, Händedesinfektion und Mundschutz. Mit 15 Paaren oder 30 Personen sei es schwierig, ein genügend großes Probelokal zu finden. Die Chöre gehen zum Proben in Kirchen, weiß die Obfrau aus Rückmeldungen. Die Schuhplattler hätten sich große Säle gesucht. „Die Ehrenamtlichen in den Vereinen haben Angst, dass es einen Coronafall in ihren Reihen gibt.“ Mit dem Einstellen der Proben ist natürlich auch der soziale Kontakt zum Erliegen gebracht worden. „Viele Vereinsmitglieder sind jahrelang dabei. Sie haben dort Freunde und Gleichgesinnte getroffen. Diese Treffen gehen schon ab“, weiß Ulrike Bitschnau, auch aus eigener Erfahrung. Sie ist seit 1976 bei der Trachtengruppe Vandans dabei. Bei ihr trifft das Coronavirus auch das Familienleben, da ihre Familie ebenfalls dabei ist und „man sich sonst einmal die Woche bei der Probe getroffen und danach gesprochen hat“.
Ein weiterer Punkt ist das Finanzielle. Durch den Wegfall der Auftritte kommt auch kein Geld in die Vereinskassen. Besonders Vereine, die kein finanzielles Polster hätten, habe es schon getroffen. „Von Haussammlungen sehen derzeit viele ab, da sie nichts zu bieten und vorzuweisen haben“, so die 59-jährige Vandanserin. Die Ehrenamtliche arbeitet derzeit mit vielen Helfern an einem Buch, das die Trachten in Vorarlberg gesammelt vorstellen soll. Immerhin ist Vorarlberg das Bundesland mit den historisch ältesten Trachten, die noch gepflegt und getragen werden. An die 60 Trachten gibt es im Land.
„Seit März ist coronabedingt das Vereinsleben unserer 60 Mitgliedsvereine zum Erliegen gekommen“.
Ulrike Bitschnau, Obfrau Landestrachtenverband
Doch nicht nur das Gemeinschaftsleben und das Finanzielle liegen brach. Ein weiterer Nebeneffekt der Krise ist die erschwerte Suche nach neuen Mitgliedern, auch die Nachwuchswerbung ist nahezu zum Erliegen gekommen. “Viele sehen uns bei Auftritten und melden sich dann bei uns, weil ihr Interesse an der Gruppe geweckt wurde. Da wir im Moment nicht in der Öffentlichkeit präsent sind und wir sie auch nicht zu Proben einladen können, fallen Anfragen potenzieller neuer Mitglieder weg”, so Bitschnau. Der Nachwuchs will auftreten, deshalb ist er bei einem Verein dabei. Mitglieder sind bisher noch keine abgesprungen, aber es sei nicht abwegig, dass diejenigen, die nicht zu hundert Prozent dabei sind, es sich überlegen.
Vorarlberger Landestrachtenverband
Gründung: 1953, mit dem Ziel, alle Träger bodenständiger Trachten in einem Verband zu betreuen
Mitglieder: 4500 in 60 Mitgliedsvereinen (Chöre, Volkstanzgruppen, Schuhplattlergruppen, Volksmusik- und Saitenmusikgruppen, ein Schützenverein)
Veranstaltungen, die im 2019 selbstständig durchgeführt wurden bzw. bei denen unsere Vereine vertreten waren: 410 Veranstaltungen mit ca. 70.000 Zuschauern (Umzüge, Fernsehaufnahmen nicht mitgezählt)