Nachts an der Grenze
Zugegeben, so langsam gehen einem die unbeschwerten Gedanken aus. Aber selbst dort, wo das Dickicht aus Pandemie und Gegenmaßnahmen am undurchdringlichsten ist, blitzt mitunter ein Hoffnungsschimmer.
Nehmen wir an, da lebte ein Pärchen in Doren. Die sind der italienischen Küche sehr zugetan, vor allen dann, wenn sie in einem kleinen Lokal in Scheidegg im Allgäu zubereitet wird. Aber die Grenze ist dicht. Also darf man sich die gebackenen Sardinen zu Hause aufs Tischtuch malen. Davon wird niemand satt. Und als die Verzweiflung überhand nimmt, greift der Gatte zum Telefon, um wenigstens die Stimme des Wirten seines Vertrauen zu hören. Aber er hört viel mehr, nämlich fünf Zauberwörter: Wir liefern an die Grenze.
Anderthalb Stunden später fand die Übergabe statt. Berührungslos, selbstredend. Irgendwo im Niemandsland zwischen Doren und Scheidegg. Man mag sich das vorstellen: Eine Lichtung, nebelverhangen. Zwei Fahrzeuge rollen heran. Das eine blendet auf. Dreimal, wie vereinbart. Dann stapfen dunkle Gestalten in den Lichtkegel. Ungefähr so. „Jedenfalls waren Pasta und Fische noch warm“, erzählt ein vor lauter Behaglichkeit schnaufender Kunde später, und Corona hat für einen Augenblick so was von Pause.
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