Wo der Grippe-Impfstoff blieb

Vorarlberg / 09.10.2020 • 05:30 Uhr
In den Apotheken wird Impfstoff wohl erst im Dezember wieder verfügbar sein. <span class="copyright">VN/Paulitsch</span>
In den Apotheken wird Impfstoff wohl erst im Dezember wieder verfügbar sein. VN/Paulitsch

Der Mehrbedarf der öffentlichen Hand fehlt nun in den Apotheken.

Wien “Es haben alle gewusst, dass man im April den Impfstoff bestellen muss. Wir haben bestellt, andere haben das verschlafen”, reagiert der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker auf die Kritik aus anderen Bundesländern. Deren Vorwurf: Da die Stadt Wien sich im April 400.000 Impfdosen gesichert habe, fehle der Impfstoff nun überall anders und man müsse so für eine Wahlkampfaktion die Konsequenzen tragen. Doch stimmt das?

Der Einkauf von Influenza-Impfungen ist nicht gerade einfach. Jedes Land bekommt auf Basis der Erwartungen und Erfahrungen ein Kontingent am Impfstoff zugestanden. “Dieses Kontingent umfasst heuer 1,2 Millionen Impfungen”, erklärt der Präsident des Apothekerverbands, Jürgen Rehak. Dies seien rund 400.000 mehr als in anderen Jahren. Jedoch seien darunter erstmals 200.000 nasale Impfstoffe, die nur für Kinder geeignet sind. Bleibt also ein Plus von 200.000 Impfdosen. Aus diesem Kontingent schöpfen nun alle, sei es die Bundesbeschaffung Gmbh (BBG), über die der Bund und oft auch die Bundesländer oder Gemeinden einkaufen, Großhändler oder die Apotheker. “Diese kauft üblicherweise zwischen 80 und 100.000 Dosen für Beamte, Soldaten und Schlüsselkräfte”, berichtet Rehak. Dies bestätigt auch die BBG. So hätten in den Vorjahren Landessanitätsdirektionen, Gesundheitskassen, Krankenanstaltsträger und der Bund gemeinsam bis zu jährlich 100.000 Dosen jährlich abgerufen. Da es bisher außerhalb dieser Institutionen kaum größere Impfaktionen gab, wurde praktisch jede private Impfung aus dem rund 720.000 Stück umfassenden Restkontingent bezogen, rechnet Rehak weiter vor.

Impfprogramme ändern alles

Dann kam Covid-19. Durch die Gratis-Impfaktionen des Bundes und jene der Länder, wie eben Wien, stieg der Anteil der BBG unerwartet stark an. “So können über öffentliche Auftraggeber über eine Million Menschen in Österreich mit einer gratis Impfdosis versorgt werden”, betont die BBG gegenüber den VN. Davon seien 350.000 Dosen für das Kinderimpfprogramm gedacht, schließlich ist die Grippe erstmals Teil des gratis Kinderimpfprogramms. Und auch Vorarlberg bietet so beispielsweise Impfstoff für Bewohner von Pflegeeinrichtungen an. Eine Schlechterstellung der Impf-Interessierten sei daher aus Sicht der BBG nicht gegeben.

Damit bleibt dem freien Markt unterm Strich weniger Impfstoff als in früheren Jahren, trotz gesteigerter Produktion und Nachfrage. Nun kann jede Apotheke quasi eine Wunschgröße bestellen, bekommt aber aus dem verfügbaren Kontingent ihren Anteil zugewiesen. Auf dem Weltmarkt landen nur eventuelle Überproduktionen der Anbieter, die nicht in den Kontingenten der Konsumentennationen reserviert sind. Aus diesen Nachproduktionen kommt dann auch die von den Apotheken erhoffte Tranche im Dezember. Nun kann man argumentieren, dass Wiens Apotheken aufgrund der Impfaktion der Stadt Wien weniger Impfstoff benötigen, ein Überangebot sieht jedoch mit Blick auf die Wartelisten anders aus.