Massentests: Perfekt organisiert, wenig genutzt

Vorarlberg / 04.12.2020 • 16:56 Uhr / 7 Minuten Lesezeit
Massentests: Perfekt organisiert, wenig genutzt
Andreas Enne vom Roten Kreuz und Marco Schmitz von der Feuerwehr hoffen in Bregenz auf rege Teilnahme. VN/STIPLOVSEK

In Vorarlberg läuft das Testrädchen ohne zu Stottern. Mit einem Makel: Nur jeder Vierte nimmt teil.

Bregenz, Egg, Dornbirn, Nenzing, Schruns Andreas Enne ist gut gelaunt. Sein Lächeln verbirgt er zwar hinter seiner FFP2-Maske, wie sein ganzer Körper in einer Schutzmontur steckt. Aber er schwärmt: “Hier funktioniert alles reibungslos. Die Helfer sind motiviert, alle sind bereit.” Nun ändert sich der Klang seiner Stimme: “Aber es kommen leider viel zu wenig Leute. Bitte macht Werbung. Wir hätten genügend Platz.” Enne ist zuständig für die wohl schönste Teststation des Landes: “Festspielhaus 2” in Bregenz. Es ist zugleich die Station, mit den wenigsten Anmeldungen in ganz Vorarlberg. Knapp 300 Personen haben sich hier für die Corona-Massentests an diesem Wochenende angekündigt. Es ist das krasseste Beispiel für ein Bild, das sich im ganzen Land zeigt: Alles wunderbar organisiert, einzig die Teilnehmer fehlen.

Im Festspielhaus auf der Bühne des großen Saals warten zahlreiche Helfer auf Testteilnehmer. <span class="copyright">VN/Stiplovsek</span>
Im Festspielhaus auf der Bühne des großen Saals warten zahlreiche Helfer auf Testteilnehmer. VN/Stiplovsek

344.916 Vorarlbergerinnen und Vorarlberger sind zum Test aufgerufen. Über ein Viertel haben sich angemeldet. Am Freitag wurden 51.951 Personen negativ auf das Coronavirus getestet, 191 positiv.

Auch Helfer brauchen eine Pause.<span class="copyright"> VN/Stiplovsek</span>
Auch Helfer brauchen eine Pause. VN/Stiplovsek

12.40 Uhr in Nenzing. “Wir machen Mittagspause”, steht auf einem Plakat an der Eingangstür zur Teststation Ramschwagsaal, “und sind ab 12.45 Uhr wieder für Euch da!” Auf dem Platz vor dem Saal warten schon 20 Personen auf den Einlass. Fünf Minuten später öffnet die Türe, ein Desinfektionsspender wird rausgestellt, es kann losgehen. Fünf Minuten später tritt die erste Getestete schon wieder raus. “Das ging aber schnell”, ruft ihr eine Frau entgegen, die noch wartet. Drinnen berichtet Michael Mäser zufrieden vom reibungslosen Ablauf. Er ist für die Gemeinde für zwei von drei Nenzinger Teststationen verantwortlich. Bürgermeister Florian Kasseroler betont: “Was die Gemeinden geleistet haben, ist unglaublich. Allein in Nenzing wurden sicher 40 Arbeitstage investiert.”

Währenddessen warten schon viele auf ihren Test in Nenzing.<span class="copyright"> VN/Stiplovsek</span>
Währenddessen warten schon viele auf ihren Test in Nenzing. VN/Stiplovsek

In Egg haben zu dieser Zeit Theresa Nussbaumer und ihre zwei Kolleginnen ihre kurze Mittagspause schon hinter sich. Die 23-Jährige ist eine von neun Kindergartenpädagoginnen, die im Einsatz sind. “Wir hatten in der zweiten Lockdown-Phase nicht so viele Kinder zu betreuen. Nun können wir mit der Leistung bei den Tests auch noch etwas beitragen”, erzählt sie. Sie ist am PC eingeteilt und registriert die Testwilligen. “Die Stimmung ist gut. Man merkt, dass alle freiwillig hier sind”, berichtet die Pädagogin. “Auch organisatorisch klappt alles. Es gibt kaum Wartezeiten.”

Nadine Schneider, Teresa Nussbaumer und Kristiane Feurstein (von links) sind drei von neun Kindergartenpädagoginnen, die in Egg im Einsatz sind. <span class="copyright">VN/Stiplovsek</span>
Nadine Schneider, Teresa Nussbaumer und Kristiane Feurstein (von links) sind drei von neun Kindergartenpädagoginnen, die in Egg im Einsatz sind. VN/Stiplovsek

In anderen Teilen Österreichs sieht es anders aus, vor allem, weil das von der Bundesregierung zur Verfügung gestellte Anmeldesystem nicht funktionierte. In Linz kam es zu Pannen im Computersystem, weshalb Lehrer zu Früh zum Test erschienen. Die Stadt stieg schließlich aus dem Anmeldesystem aus und arbeitet nun mit einem eigenen. In Niederösterreich kam es zu massiven Anmeldeproblemen. In der Wiener Stadthalle, einer der drei Teststandorte der Hauptstadt, fiel das Computersystem komplett aus, weshalb Daten per Hand eingetragen wurden. Auch in Tirol entschied man sich, nach großen Problemen, die Anmeldung doch mit einer eigenen Software durchzuführen, was Freitags in der Früh lange Warteschlangen zur Folge hatte. Wer in Vorarlberg ein Haar in der Suppe finden möchte: Die Benachrichtigung per SMS dauerte am Vormittag eine Zeit lang etwas länger.

Die Anmeldungen in Vorarlberg werden über ein eigenes System abgewickelt.<span class="copyright"> VN/Stiplovsek</span>
Die Anmeldungen in Vorarlberg werden über ein eigenes System abgewickelt. VN/Stiplovsek

In Schruns ist es ruhig. Zwar haben sich nur im Kulturhaus in Dornbirn (Stand Freitagabend) mehr Menschen für den Coronatest angemeldet als an der Mittelschule in Schruns. Aber Ansturm sieht aber anders aus: Die Menschen treffen gesittet und einzeln ein. Anmeldung, Abstrich, auf Wiedersehen. Im Saal ist nur leises Gemurmel wahrzunehmen. “Es läuft sehr ruhig und gesittet ab und die Leute wahren auch den entsprechenden Abstand“, weiß Feuerwehrkommandant Lukas Beck.

Lukas Beck (links) und seine Männer der Feuerwehr Schruns stehen dem Testteam drei Tage lang zur Seite. <span class="copyright">STR</span>
Lukas Beck (links) und seine Männer der Feuerwehr Schruns stehen dem Testteam drei Tage lang zur Seite. STR

Die Teststation Kulturhaus in Dornbirn ist die einzige im Land mit über 2000 Anmeldungen. Allerdings ist auch dort der Andrang überschaubar. Stillstand herrscht jedoch nie lange an einer der vier Teststationen. Was auffällt: Oft hört man von einer Teststation auf die Frage, ob man sich schon einmal testen ließ, ein klares Nein. Einer von jenen, die diese Gelegenheit zum ersten Mal nutzten ist Kurt Schadenbauer (66). “Ich mache das, um sicherzugehen, dass ich es nicht habe und um andere vielleicht schützen zu können”, erklärt der Dornbirner.

In der Station “Festspielhaus 2” in Bregenz kann man von über 2000 Anmeldungen nur träumen. In der Werkstattbühne befindet sich “Festspielhaus 1” mit über 1000 Anmeldungen. Man teilt sich die Angemeldeten nun untereinander auf. Tobias Marxgut vom Roten Kreuz, der für alle Teststationen vor Ort zuständig ist, gibt zu: “Die geringe Teilnahme ist für alle Beteiligten eine Enttäuschung.” 2000 Menschen pro Tag könnten im Festspielhaus getestet werden, 500 haben sich für Samstag angemeldet. 100 für Sonntag. “Es steckt so viel Engagement dahinter, es ist so gut organisiert, es kostet Geld, der Test macht Sinn… nun fehlen noch die Leute.” Ein Bild, das sich durchzieh. Anmeldungen sind noch bis Sonntagnachmittag möglich.

Mitarbeit: Matthias Rauch, Karin Stemer-Moosmann

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