Verwandte und Paare können aufatmen

Bayern erlaubt Besuche. Auch in Österreich sind Ausnahmen von den geplanten Einreisebeschränkungen in Aussicht.
BREGENZ Früher war die regelmäßige Fahrt über die Grenze kein Problem. 2020 hat Corona alles verändert. Davon ist auch Johannes Hirtl betroffen. Der Lustenauer wohnt seit fünfeinhalb Jahren in Bayern; er ist Geschäftsführer und Chefkoch im Restaurant „Zum Sailer“ in Marktoberdorf. Seine Verwandtschaft und viele seiner Freunde leben in Vorarlberg. „Normalerweise versuche ich sie so oft wie möglich zu sehen. Das ist schwieriger geworden. Ich bin heuer schon drei Monate am Stück nicht rausgefahren“, erzählt Hirtl. Wie es aktuell weitergeht, ist nicht ganz klar. Sowohl Bayern als auch Österreich verschärfen ihre Einreiseregeln. Kommende Woche feiert Hirtl seinen 38. Geburtstag. Zu diesem Anlass wäre er gerne nach Hause gefahren. Heuer steht das auf der Kippe. „Aber das Wichtige ist für mich Weihnachten.“
Ständige Zitterpartie
So wie Hirtl geht es vielen Menschen in der Bodenseeregion. Sie haben Partner, Kinder, Eltern, Großeltern und Freunde, die in einem Nachbarland wohnen. Das Coronajahr ist für sie eine Zitterpartie: Mit steigenden Infektionszahlen wächst auch die Sorge, die Lieben jenseits der Grenze nicht mehr treffen zu können. Zumindest die Schweiz und Liechtenstein planen aktuell keine Verschärfungen. Anders sieht die Lage in Österreich und in Bayern aus.
Während die österreichische Verordnung auf sich warten lässt, gelten in Bayern seit Mittwoch schärfere Regeln. In der neuen Einreisequarantäneverordnung sind Ausnahmen für den kleinen Grenzverkehr gestrichen. Eine kurze Fahrt aus Corona-Risikogebieten wie Vorarlberg ins bayerische Lindau, um einzukaufen, ist nicht mehr möglich, außer die Betroffenen gehen zehn Tage lang in Quarantäne. Nach fünf Tagen ist es möglich, sich freizutesten. Wie Bayerns Innenminister Florian Herrmann ankündigte, wird stichprobenartig kontrolliert. Aufatmen können Personen mit Verwandtschaft ersten und zweiten Grades über der Grenze, Lebenspartner oder Personen mit geteiltem Sorgerecht. Halten sie sich weniger als 72 Stunden in Deutschland oder im Risikogebiet auf, besteht keine Quarantänepflicht. Wer länger bleiben will, braucht einen aktuellen negativen Coronatest. Berufspendler können ungehindert zum Arbeitsplatz fahren. Die bloße Durchreise bleibt möglich. Vorsicht: Seit November verlangt Deutschland eine digitale Anmeldung von Reisenden aus einem Risikogebiet. Ausnahmen gibt es etwa beim Transit oder im Fall von kürzeren Aufenthalten.
Zukünftig gelten auch in Österreich alle Länder als Risikogebiet, die in den letzten 14 Tagen über 100 Neuinfektionen pro Tag und 100.000 Einwohner zählten. Aktuell wären das alle Nachbarstaaten und mit Ausnahme von Irland die gesamte EU. Wer von dort einreist, muss ab 19. Dezember für zehn Tage lang in Quarantäne. Eine Option zum Freitesten gibt es wie in Deutschland erst ab dem fünften Tag. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) stellte Ausnahmen für Berufspendler und Geschäftsreisende in Aussicht. Auch Lebenspartner und Familien können nach derzeitigem Stand zuversichtlich sein. Das Gesundheitsministerium erklärte den VN, dass Ausnahmebestimmungen für jene gelten, die sich regelmäßig – zumindest einmal monatlich – treffen.
Für Menschen wie Hirtl ist das ein Hoffnungsschimmer. Er habe sich schon den Kopf zerbrochen, was Weihnachten angeht, sagt der Koch. Nun ist der Besuch bei Verwandten in Lustenau zumindest in Reichweite.