K.o. vor der ersten Runde
War das eine Aufregung! Letzte Woche kursierte ein Entwurf der Regierungsparteien ÖVP und Grüne für eine Gesetzesänderung, die es der Polizei erlaubt hätte, Kontrollen der Einhaltung der Corona-Vorschriften in privaten Wohnungen vorzunehmen. Die Empörung über diese Attacke auf das Privatleben der Menschen in Österreich war so groß, dass die Regierungsparteien den Plan noch am selben Tag zurückzogen. K.O. schon vor der ersten Runde, könnte man sagen.
Kritiker beriefen sich auf das sogenannte Hausrecht, das in Österreich seit 1862 besonders geschützt ist. So wird beispielsweise bestimmt, dass sich die Polizei nur mit richterlicher Erlaubnis Zutritt zu einer Wohnung verschaffen und dort etwa nach Personen suchen darf.
Die Apostel des Hausrechts sollten allerdings „die Kirche im Dorf lassen“: Es gibt zahlreiche gesetzliche Bestimmungen, die es erlauben, dass staatliche Organe, manchmal auch die Polizei, private Räumlichkeiten kontrollieren dürfen: So können Wohnungen dahingehend überprüft werden, ob sich dort illegal im Land befindliche Menschen aufhalten. Vor diesem Hintergrund ist es schon belustigend, wenn ein FPÖ-Abgeordneter sich nach dem Rückzieher der Regierungsparteien freute, „dass die Polizei nicht Nachschau in privaten Wohnräumen halten kann.“
Selbst zur Kontrolle, ob jemand seine Rundfunkgebühren bezahlt hat, können sich die Behörden über das Hausrecht hinwegsetzen und nach Fernsehgeräten und Radios suchen. Auch das Baurecht erlaubt – selbstverständlich – das Betreten privater Bereiche durch die Behörden.
Angesichts dieser Vergleichsfälle wäre eine Regelung, die der Polizei in einer Pandemie bei entsprechender Verdachtslage eine Überprüfung erlaubt, zumindest diskutabel gewesen.
Beschlossen wurde indessen, dass Unternehmen in Zukunft nicht nur von der Gesundheitsbehörde, sondern auch von der Polizei Besuch erhalten können, wenn es darum geht, die Einhaltung der Corona-Vorschriften zu überprüfen. Diese Regelung stieß bei den Oppositionsparteien ebenfalls auf Ablehnung, ist aber zur Entlastung der Gesundheitsbehörden notwendig und daher gerechtfertigt.
„Auch das Baurecht erlaubt – selbstverständlich – das Betreten privater Bereiche durch die Behörden.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
Kommentar