„Der Nutzen überwiegt das Risiko deutlich“

Impfgremium-Expertin: AstraZeneca-Impfstoff verhindert Todesfälle.
Wien Der Impfstoff von AstraZeneca werde zu Unrecht schlechtgeredet. Davon ist Heidemarie Holzmann überzeugt. Sie muss es wissen. Denn Holzmann ist Expertin im Nationalen Impfgremium und leitet die Abteilung für angewandte medizinische Virologie an der MedUni Wien. Der Nutzen der Coronaimpfstoffe überwiege die Risiken deutlich, sagt sie. Die hohe Wirksamkeit sei erwiesen, auch bei AstraZeneca. Das Nationale Impfgremium empfiehlt, weiter zu impfen. Viele Staaten setzen vorerst aus, da bei einzelnen Betroffenen Thrombosen in den Hirnvenen zeitnah zur Impfung gemeldet wurden. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) prüft die Fälle und will heute, Donnerstag, ihre Einschätzung abgeben.
„Es werden unglaublich viele Menschen geimpft. Somit ist klar, dass es zu zeitlich nahen Erkrankungsfällen kommt“, erklärt Holzmann. „Die Frage ist nur, ob es sich um eine Fallzahl handelt, die auch ohne Impfung auftreten würde, oder ob es ein Warnsignal ist. Derzeit sehen wir kein Warnsignal.“ In Europa seien nach einer Impfung bislang nicht mehr Fälle von venösen thromboembolischen Ereignissen aufgetreten, als es sie sonst auch gegeben hätte. „Allerdings waren in Deutschland bei 1,6 Millionen Geimpften sechs Personen von Sinusvenenthrombosen betroffen, jedoch kamen solche in England bei zwölf Millionen Geimpften nicht vor.“ Die EMA prüfe nun, ob die Betroffenen Gemeinsamkeiten haben und ob kausale Zusammenhänge zwischen Erkrankung und Impfung bestehen. Sollte dies der Fall sein, würden Thrombosen vermutlich als sehr seltene Nebenwirkung eingestuft. „Demgegenüber treten die gleichen Komplikationen in Folge einer Covid-Erkrankung deutlich häufiger auf“, sagt die Medizinerin. Die Nutzen-Risiko-Bewertung der Coronaimpfung bliebe also überaus positiv. Zusätzlich verhindere jede Impfung Covid-Erkrankungen, Hospitalisierungen und Todesfälle.
Wer in der Vergangenheit einen anaphylaktischen Schock hatte oder gegen Bestandteile der Impfung allergisch ist, sollte sich nicht impfen lassen. Das gilt für alle zugelassenen Corona-Impfstoffe. Bei klassischen Allergien sei eine Impfung in der Regel möglich. Man solle aber den Arzt informieren. Impfreaktionen kommen häufig vor, erklärt Holzmann. „Für viele fühlt es sich wie der Beginn einer Influenza an. Das ist aber meistens innerhalb von ein, zwei, maximal drei Tagen vorbei. Sollten zu einem späteren Zeitpunkt, innerhalb der ersten 16 Tage, Symptome auftreten – Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Bewusstseinsstörungen – nicht abwarten, sondern gleich zum Arzt gehen.“ Gegen Impfreaktionen hilft Paracetamol. Dies könne prophylaktisch sechs Stunden nach der Impfung eingenommen werden und maximal zwei Tage alle sechs Stunden. „Gerinnungsmedikamente darf man auf keinen Fall vorsorglich nehmen. Damit kann man viel Schaden anrichten.“
