Einsichten
Dies ist die Geschichte eines wackeren Büromenschen, der eben nach Hause fährt. Können Sie ihn sehen? Noch drückt ihn die Last seiner hohen Verantwortung in den Fahrersitz. Viel hat er lesen müssen heute und schreiben auch. Stundenlang konferiert und dabei dem Körper mehr Koffein zugemutet als zuträglich war. Jetzt ist er müde und will nur noch heim. Im Bewusstsein, dass er sich das verdient hat, schaltet die Rechte energisch in den vierten Gang, und als er sich daran erinnert, wie er heute den Chef zu beeindrucken wusste, wandert der Schaltknüppel eine Spur eleganter eins weiter.
Aber dann: Baustelle. Lähmend langsam schleppt sich der blecherne Lindwurm voran. Ärger quillt in ihm hoch. Dann steht alles still. Wie lange wohl? Der Verkehrsfunk weiß es nicht. Während er gramvoll mit den Fingern aufs Armaturenbrett trommelt, gleitet sein Blick über die monströsen Maschinen der Straßenbauer. Er sieht in zerfurchte Gesichter und auf schwielige Hände. Der pechschwarze Asphalt dampft derart, dass er eilends die Fensterheber betätigt. Nach einer gefühlten Ewigkeit geht es weiter.
Aber etwas ist anders geworden. Der Lkw mit der schweren Metallfracht lässt ihn daran denken, dass das irgendwer irgendwo wird abladen müssen. Dem Kleintransporter vollbesetzt mit Arbeitern blickt er nach und versucht sich deren Lebensläufe vorzustellen. Einem Bus gewährt er Vorrang. Das tut er sonst nie.
Es gibt Menschen, die sagen würden, dass er die wertvollsten 15 Minuten des Tages heute im Auto verbracht hat.
Kommentar