Der Wunsch nach einem Sterben in Würde

Vorarlberg / 13.06.2021 • 19:00 Uhr
Der Wunsch nach einem Sterben in Würde
Die Intensivmedizin vermag heutzutage viel. Manchmal zu viel, sagen sogar Ärzte. KHBG

Hospiz- und Palliativtag wurde diesmal online abgehalten.

Batschuns Eigentlich hätte der traditionelle Hospiz- und Palliativtag bereits im November im Kulturhaus in Dornbirn stattfinden sollen. Doch Corona machte auch dieser Veranstaltung einen Strich durch die Rechnung. Ganz absagen kam allerdings auch nicht infrage. Blieb also nur die virtuelle Variante, und die wurde gestern, Sonntag, vom Bildungshaus Batschuns ausgerichtet. Teilnehmer und Referenten begegneten sich diesmal online. Der Bedeutung des Themas tat dies keinen Abbruch. Es ging um Angehörige in der Palliativ Care, die bei Entscheidungsprozessen oft besonders gefordert sind. Das verdeutlichte Prof. Barbara Friesenecker, Oberärztin und stellvertretende Leiterin der Chirurgischen Intensivstation an der Universitätsklinik Innsbruck. Sie betonte die Wichtigkeit der rechtzeitigen Errichtung einer Patientenverfügung und die Benennung eines Vorsorgebevollmächtigten: „Das sind die rechtlichen Instrumente, die es ermöglichen, Menschen nach ihren Wünschen und Wertvorstellungen zu behandeln, auch wenn sich diese selbst dazu nicht mehr äußern können.“

Machbarkeitsmedizin

Barbara Friesenecker forscht intensiv unter anderem zu ethischen Grundlagen medizinischer Entscheidungen und ist Vorsitzende in der ARGE Ethik in der Anästhesie und Intensivmedizin und eines der Gründungsmitglieder der Österreichischen Plattform für Ethikberatung im Gesundheitswesen.  An der MedUni Innsbruck hat sie zudem das Fach Ethik in der Medizin im Rahmen des Pflicht-Curriculums in allen drei Studienabschnitten neu eingeführt. „Als Ärzte müssen wir uns immer die Frage stellen, ob es weiterhin eine Indikation und ein Therapieziel für unsere schwerstkranken Patienten gibt, oder ob eine Änderung weg vom Konzept der Heilung und hin zur Palliativmedizin nicht der bessere Weg wäre“, führte Friesenecker beim Hospiz- und Palliativtag aus. Frage man Menschen, was sie sich am Ende ihres Lebens wünschen, so sei für die meisten das gute Leben am Ende des Lebens und ein Sterben in Würde ein wichtiges Ziel. „Mit den Mitteln moderner Medizin betreiben wir aber – diesen Wünschen zum Trotz – oft Machbarkeitsmedizin und führen therapeutische Handlungen durch, weil sie technisch möglich sind, obwohl sie nicht mehr zum Nutzen unserer Patienten sind“, merkte die Ärztin kritisch an und ergänzte: „Leiden verlängern und Sterben hinauszögern ist etwas, das moderne Intensivmedizin aufgrund der unglaublichen technischen bzw. medikamentösen Fortschritte sehr gut kann, aber eben nicht tun sollte und darf!“

Gute Symptomkontrolle

Als ärztliche Kunst definierte Barbara Friesenecker, rechtzeitig das Therapieziel in Richtung Palliativmedizin zu ändern, deren Ziel das gute Leben am Ende des Lebens sei, sodass Menschen mit guter Symptomkontrolle ohne Angst, Stress, Schmerzen und Atemnot ein Sterben in Würde unter mitfühlender Begleitung möglich gemacht wird. Als Angehörige offen und gut in der Kommunikation mit den behandelnden Teams zu bleiben, Probleme zeitnah anzusprechen und Hilfe in Form von psychologischer Unterstützung anzunehmen, könne zusätzlich für alle eine deutliche Entlastung im Sinne eines guten Miteinanders in der Betreuung schwerstkranker Patienten bedeuten.