Lehrer im Clinch mit Politik vor dem Hintergrund von zwei Suiziden

Schullandesrätin Barbara Schöbi-Fink spricht von Pietätlosigkeit der Lehrervertretung.
Bregenz Zwei Suizide von Kollegen erschüttern die Vorarlberger Lehrerschaft. Was eigentlich als private Tragödien zu werten ist, stellt Lehrervertreter Willi Witzemann (62) in einen Zusammenhang mit der Überforderung von Kolleginnen und Kollegen und greift diesbezüglich auch die Politik an. Warum er das tut, begründet er gegenüber vn.at so: “Eine der Kolleginnen, die sich das Leben nahm, war noch kurz vorher bei mir und hat über die Überbelastung gesprochen. Beim anderen tragischen Fall wurde der Direktorin vom Vater der Verstorbenen deren Abschiedsbrief zur Kenntnis gebracht. Darin beklagte sich auch diese Kollegin über die Überforderung.”
“Eine der Kolleginnen, die sich das Leben nahm, war noch kurz vorher bei mir und hat die Überbelastung beklagt.“
Willi Witzemann, Pflichtschullehrervertreter
Zahlreiche Forderungen
Witzemann richtete einen “Notruf” an die Präsidentin der Bildungsdirektion und an Landeshauptmann Wallner. “Eine ganze Woche gab es als Antwort nur Schweigen. Geht man so mit einem Notruf um?”, fragt sich Witzemann. Im Schreiben an die Bildungsverantwortlichen erhob der Lehrervertreter noch einmal bereits früher übermittelte Forderungen: Aufstockung des Supportpersonals, Mentoring für neue LeiterInnen, Zurückdrängen der administrativen Belastungen in den Direktionen, Maßnahmen gegen den Lehrermangel.

Zu viel Administration
Witzemann schreibt im Brief an die Schulbehörden von immer mehr Schulleitern, die ihre Funktion zurücklegen, von Psychiater- und Psychotherapeutenpraxen, die von Lehrern und Lehrerinnen gestürmt würden. “Zu lange lassen uns die verantwortlichen Personen auf die notwendigen Hilfestellungen warten”, kritisiert der Lehrervertreter in seinem Brief. “Statt für Entlastung zu sorgen, kommen neue administrative Belastungen. Unter anderem ist das die Forderung nach Einschulung in ein Programm zur Lohnverrechnung oder die Aufforderung zur regelmäßigen Bestandsaufnahme der vorhandenen Test-Kits. Das ist alles mit großem bürokratischem Aufwand verbunden”, beklagt sich Witzemann. Auch die Vorbereitung der Sommerschule zähle zu diesen Belastungen.
Witzemann fordert die Einberufung eines Bildungsgipfels.
Schöbi-Fink kontert scharf
In einem Antwortschreiben an die Lehrervertretung übt Schullandesrätin Barbara Schöbi-Fink ihrerseits ungewöhnlich scharfe Kritik am Zentralausschuss der Personalvertretung. “Die Verantwortung für einen sehr tragischen Todesfall einer Kollegin, der unser vollstes Mitgefühl für die Familie und die Kolleg/innenschaft in der Schule hervorruft, uns zu übertragen und in die Medien zu zerren, übersteigt jedoch die Grenze der Pietät”, schreibt Schöbi-Fink.
Die Verantwortung für einen tragischen Todesfall uns zu übertragen, übersteigt die Grenze der Pietät.“

Sie fordert die Lehrervertretung auf, konkret zu erwähnen, welche Hilfestellungen nicht gewährt wurden. Ebenso stellt sie in Abrede, dass viele Kolleginnen und Kollegen den Dienst quittiert hätten. “Eine Rückfrage in der zuständigen Abteilung konnte dies nicht bestätigen.” Die Abhaltung eines Schulgipfels zum jetzigen Zeitpunkt hält Schöbi-Fink für “wenig zielführend”.