Polizeiarzt: Drogen am Steuer auf dem Vormarsch

Der Vorarlberger Mediziner Wilhelm Gruber warnt vor Veränderungen und neuen Phänomenen.
Bregenz Die Drogensituation in Vorarlberg hat sich nicht nur durch einen deutlichen Anstieg von Todesfällen verändert (die VN berichteten), sondern in letzter Zeit auch durch neue Phänomene, die die Verkehrspolizei während ihrer Kontrollen bei Fahrzeuglenkern feststellt. Seit sechs Jahren wirft die Exekutive ihr Augenmerk bei den Schwerpunktaktionen neben Alkohol ebenso auf Beeinträchtigungen durch Suchtgift.
Stets dabei ist der Vorarlberger Polizeiarzt Wilhelm Gruber, der gegenüber den VN von einem bemerkenswerten Wandel hinsichtlich der betroffenen Probanden feststellt: „Es handelt sich nicht mehr um den typischen Drogenkonsumenten. Das Phänomen der Beeinträchtigung durch Rauschmittel taucht immer mehr quer durch alle Bevölkerungsschichten auf. Wir stellten etwa schon fest, dass ein Elektriker, der zur Arbeit fährt oder aber auch eine Mutter im Fahrzeug durch Suchtgift berauscht war.“

Am helllichten Nachmittag
In früheren Jahren schnappte die Falle für benebelte Fahrzeuglenker vor allem in den Nachtstunden an den Wochenenden zu. Das habe sich laut Gruber geändert. „Wenn wir unter der Woche am Nachmittag nur zwei oder drei Stunden kontrollieren, testen wir durchschnittlich fünf Personen positiv auf Drogenkonsum. Während der Arbeitszeit und am helllichten Nachmittag.“ Fest steht, dass sich die Zahl der durch Rauschgift beeinträchtigten Personen am Steuer von Jahr zu Jahr steigere. Kleinere Einbrüche habe es allerdings durch Corona gegeben.
Mischintoxikation
Bei den konsumierten Rauschmitteln handelt es sich laut dem Polizeiarzt vor allem um Cannabis. „Aber auch Kokain ist bereits massiv bereitet“, sagt Gruber aus Erfahrung. Dann gibt es da allerdings noch ein neues Phänomen – jenes der Mischintoxikation, also dem gleichzeitigen Konsum von mehreren Substanzen wie Narkosemitteln, Pharmaka, Alkohol und Cannabis, welcher der Polizeiarzt in Summe ein massives Gefährdungspotential attestiert.
Vorgangsweise und Strafen
Kommt es zu Schwerpunktkontrollen, machen Gruber und ein weiterer Mediziner Station vor Ort. An Untersuchungsmaterial ist alles dabei. Unter anderem auch Spritzen für Blutabnahmen. Nach dem ein verdächtiger Proband aus dem Auto gebeten worden ist, folgen die üblichen klinischen Tests. Pupillendiagnostik, auf einem Bein stehen, eine gerade Linie laufen, mit geschlossenen Augen den Finger auf die Nase und so weiter. Dann, bei dringendem Verdacht, zwingende Harn- oder Blutabnahme.
Bestätigt sich die Beeinträchtigung deutlich, zieht das verwaltungsstrafrechtliche Konsequenzen wie bei einem Alkoholgehalt zwischen 0,8 und 1,2 Promille nach sich, bei Verweigerung drohen härtere Konsequenzen.