S-18-Evaluierung mit Tücken

Verfassungsjurist Peter Bußjäger: Nein hätte komplexe legistische und politische Folgen.
Wien, Bregenz Was wäre,
wenn . . .? Diese Frage regt seit jeher in allen möglichen und unmöglichen Situation die menschliche Fantasie an. Was wäre, wenn die grüne Mobilitätsministerin Leonore Gewessler (43) hinter die Evaluierung der Bodensee-Schnellstraße S 18 in vorgesehener Form tatsächlich ein Nein setzt? Die Folgen davon wären auf alle Fälle kompliziert und eingepackt in politisch hochexplosiven Sprengstoff.
Gesetzesänderung
Verfassungs- und Gesetzgebungsexperte Peter Bußjäger (58) hat sich auf VN-Anfrage mit den Folgen eines möglichen Neins der Ministerin zu den Straßenplänen auseinandergesetzt. „Die Entwicklung dieses Projekt ist ja bereits im Bundesstraßengesetz verankert. Dieses Gesetz wieder zu verändern ist möglich. Dazu braucht es aber wieder einen Beschluss im Nationalrat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die ÖVP, die sich ja klar zu diesem Projekt bekennt, da einfach mitmachen würde“, sieht Bußjäger Grenzen in der Handlungsfähigkeit der Ministerin.
Festgelegt ist im Gesetz auch der Korridor der vorgesehenen Straße. Das Gesetz sieht vor, dass die Asfinag das Projekt bis zur Genehmigungsfähigkeit entwickelt und sich dann einer Unverträglichkeitsprüfung stellt. „Die Ministerin könnte natürlich auch in der UVP ihre Bedenken kundtun“, merkt Bußjäger an. Der Jurist beschreibt ein anderes Szenario. „Die Asfinag ist ein eigener Rechtskörper und nicht weisungsgebunden, obwohl sie dem Ministerium untersteht. Sie könnte rein theoretisch den bestehenden Gesetzesauftrag ohne Zustimmung der Ministerin erfüllen. Aber das wird sie wohl nicht tun. Wer arbeitet schon gegen die eigene Chefin? Abgesehen davon ist das Ministerium die Behörde und sitzt am längeren Ast. Da hätte es keinen Sinn, einen Antrag einzubringen“, beschreibt der Experte die komplexe Situation.
Es wäre laut Bußjäger für den heimischen Straßenbauer andererseits nicht einfach, mit einem von der Ministerin verfügten Stopp des Projekts umzugehen. Der Vorarlberger Verfassungsjurist könnte sich auch eine typisch österreichische Null-Lösung vorstellen. „Bei einem Nein macht man vorerst einfach gar nichts. Die Situation könnte sich ja möglicherweise wieder ändern, wenn eine andere Person dem Ministerium vorsteht“, sagt Bußjäger. Freilich könnte bei dieser „Taktik“ laut dem Experten der Rechnungshof auf den Plan gerufen werden und die Inaktivität der Asfinag anprangern. Bußjäger: „Ich bin selber sehr gespannt, was da am Ende herauskommt.“
Entscheidung im September
Wie schon mehrfach berichtet hat die grüne Mobilitätsministerin Leonore Gewessler angekündigt, alle Asfinag-Straßenprojekte, die noch nicht in Bau befindlich sind, zu evaluieren. Darunter ist auch die S 18. Diese Ankündigung hat für viel Aufregung gesorgt. Während Bundeskanzler Sebastian Kurz, der Vorarlberger Landeshauptmann Markus Wallner sowie die heimische Wirtschaft empört auf Gewesslers Vorstoß reagiert haben, kam dieser bei den Grünen und Naturschutzgruppen gut an. Die Ministerin möchte noch im September das Ergebnis ihrer Evaluierung, welche die Asfinag gemeinsam mit dem Ministerium vornehmen wird, bekannt geben.
„Die Asfinag ist nicht weisungsgebunden. Aber sie würde sich Gewessler nicht widersetzen.“