Gemeinsam den eigenen Strom erzeugen

Vorarlberg / 21.08.2021 • 14:00 Uhr
Mit dem Nachbarn ein eigenes Kraftwerk aufs Dach zu stellen, wird jetzt wesentlich einfacher. <span class="copyright">VN</span>
Mit dem Nachbarn ein eigenes Kraftwerk aufs Dach zu stellen, wird jetzt wesentlich einfacher. VN

Die neuen Energiegemeinschaften sorgen in der Branche nicht nur für Freude.

Schwarzach Die Energiegemeinschaften haben das Potenzial, den Strommarkt zu verändern. Des einen Freud, des anderen Leid: Während sich die Grünen über diesen Aspekt des Erneuerbaren Ausbaugesetzes (EAG) freuen, fürchten Vertreter der Energiebranche, dass es zu Marktverzerrung kommt. Vorarlbergs Energieerzeuger Illwerke VKW zählt nicht dazu.

Der Grüne Bundesrat Adi Groß, Mitverhandler des EAG, sieht in den Energiegemeinschaften neben der Fotovoltaik-Förderung die für den Bürger sichtbarste Änderung. Er schwärmt: „Es können sich beliebig viele Personen zusammenschließen und eine Energiegemeinschaft gründen. Das funktioniert zwischen Freunden, in der Familie, aber auch in Kooperation mit Gemeinden, Feuerwehren, Unternehmen, Landwirten, etc. Ausgenommen sind nur Großbetriebe und Stromversorger.“ Energiegemeinschaften ermöglichen es, dass ein Hausbesitzer mit PV-Anlage auf dem Dach seinen Strom direkt an Nachbarn verkaufen kann. Er erhält damit mehr als den niedrigen Einspeisetarif ins Netz. Umgekehrt ist der Strom für die Nachbarn billiger. Die Gemeinschaften ermöglichen zudem, dass sich mehrere Nachbarn zusammenschließen und gemeinsam eine Anlage bauen lassen. Verrechnet wird das Ganze über den Netzbetreiber, der nichts dafür verlangen darf. In Vorarlberg also über Illwerke VKW.

Klar ist: Die Energiegemeinschaften ermöglichen private Stromversorgung in neuem Ausmaß. Die etablierten Stromversorger fühlen sich deshalb von der Bundesregierung benachteiligt. Verbund-Chef und Präsident der Branchenvertretung Oesterreichs Energie, Michael Strugl, spricht von einer gewaltigen Marktverzerrung. Klassische Versorger würden benachteiligt. Die Strompreise könnten steigen. Vorarlbergs landeseigener Energiedienstleister Illwerke VKW teilt diese Kritik nicht. Pressesprecher Andreas Neuhauser betont: „Wir sehen die Energiegemeinschaften grundsätzlich positiv.“ Sie hälfen, das Ausbauziel im PV-Bereich zu erreichen. „Die Kritik können wir jedoch nachvollziehen, da alle Marktteilnehmer dieselben Bedingungen vorfinden sollten.“ Man müsse abwarten, wie sich das Thema entwickelt. „Bei einem Pilotprojekt in Schnifis ergeben sich möglicherweise Erkenntnisse, die Auswirkungen auf zukünftige Marktmodelle haben“, fährt Neuhauser fort.

Adi Groß kann die Kritik der Energie-Branchenvertretung nicht nachvollziehen. Konkurrenz sei gut. Dass die etablierten Stromversorger ein wenig nervös werden, versteht er aber: „Stell dir vor, wir haben Hunderttausende Energiegemeinschaften. Das ist ein echter Player.“

Das Land Vorarlberg fördert die Errichtung einer Energiegemeinschaft mit 66 Prozent für die ersten 5000 Euro, 50 Prozent für die zweiten 5000 Euro und mit einem Drittel für die dritten 5000 Euro. Um eine Gemeinschaft zu gründen, muss man innerhalb des gleichen Netzbereichs sein. Überregionale Zusammenschlüsse sind zwar über Bürgerenergiegemeinschaften möglich, dafür gibt es aber keine reduzierten Netztarife. Wer sich beraten lassen will, kann sich an das Energieinstitut wenden.

Vorarlbergs Stromerzeuger Illwerke VKW bewertet das EAG insgesamt positiv. „Es schafft einen Rahmen für den Ausbau der erneuerbaren Energien.“ Allerdings seien die Auswirkungen im Moment nur teilweise abschätzbar, weil die Förderhöhe noch nicht festgelegt wurde. „Für eine abschließende Bewertung ist es also notwendig, diese Verordnungen zu kennen“, fährt Neuhauser fort. Jedenfalls sei ein langer Wunsch erfüllt worden: Mittelspannungsanlagen bis 45 KV werden bewilligungsfrei.

Text: Birgit Entner-Gerhold & Michael Prock