Im Entschädigungsteam türmen sich die Fälle

Vorarlberg / 24.08.2021 • 19:50 Uhr
Im März wurde die Gemeinde Nenzing unter Quarantäne gestellt. Betriebe mit Mitarbeitern aus dem Ort erhielten Entschädigung. VN/Steurer
Im März wurde die Gemeinde Nenzing unter Quarantäne gestellt. Betriebe mit Mitarbeitern aus dem Ort erhielten Entschädigung. VN/Steurer

Mitarbeiter wieder für das Infektionsteam abgezogen.

Bregenz Ein Wort, das vor der Covid-19-Pandemie im allgemeinen Wortschatz ein vernachlässigbares Dasein fristete, ist „Absonderung“. Seit März 2020 ist es in aller Munde. Wird es mit dem Begriff „Entschädigungszahlungen“ verknüpft, landet ein Akt des Betroffenen in Dornbirn; und liegt dort für eine Weile. Wie die Landesregierung auf VN-Anfrage mitteilt, hat das Entschädigungsteam 14.470 von 18.700 Akten noch offen. Tendenz: steigend. Insgesamt wurden schon über 27 Millionen Euro ausgezahlt.

Als die Bundesregierung im März 2020 den ersten Lockdown über Österreich verhängte, berief sie sich auf das Epidemiegesetz aus dem Jahr 1950. Kurz darauf ersann sie zwar ein Covid-19-Maßnahmengesetz. Doch die wenigen Tage dazwischen sind für manche Unternehmer enorm wertvoll. Betriebe, die nach dem Epidemiegesetz geschlossen werden, erhalten Entschädigung. Das Covid-Gesetz sieht das nicht mehr vor. Lange Zeit war unklar, wie lange die geschlossenen Hotels unter die alte Regel fallen. Im Dezember 2020 einigte sich die Bundesregierung auf 2,5 Tage. Die Auszahlungen konnten also erst dann beginnen. Aktuell rechnet man im Land damit, bis Ende des Jahres 2021 alle Hotels abgearbeitet zu haben.

Alles sind Einzelfälle

Viele der offenen Akten enthalten mehrere Anträge. Den Großteil der Anträge betrifft Einzelpersonen. Unter 3543 positiven Bescheiden befinden sich 331 Beherbergungsbetriebe. Die anderen betreffen Absonderungen. Ein Mitarbeiter, der positiv auf das Coronavirus getestet wurde oder mit einer solchen Person Kontakt hatte, muss in Quarantäne. Sein Arbeitgeber zahlt den Lohn, darf ihn aber vom Staat zurückholen.

Die zuständige Landesrätin Martina Rüscher gesteht: „Das ist natürlich eine unbefriedigende Zahl. Wir brauchen definitiv noch ein Jahr, um die Anträge abarbeiten zu können.“ Das Land habe einiges getan, um die Situation zu verbessern: „Wir haben fast 50 Personen im Team, es wurden extra welche abgestellt.“ Darunter sind Mitarbeiter des Infektionsteams. Aufgrund der Infektionslage wurden sie kürzlich wieder zurückbeordert. Das habe den Personalstand auf fast die Hälfte reduziert, erklären Insider. Nun werden neue Mitarbeiter gesucht.

Dass es so schleppend vorangeht, ist nicht nur dem späten Auszahlungsstart für Hotels geschuldet. Das Epidemiegesetz ist nicht auf Massenanträge ausgelegt. Rüscher bestätigt: „Es braucht immer eine Einzelfallbeurteilung.“ Das sei aufwendig. Aus dem Umfeld des Entschädigungsteams hört man, dass es zwei Monate dauert, bis ein Mitarbeiter in die Materie eingeschult wurde. Auch die unklare rechtliche Situation trägt zur Verzögerung bei. Viele Fälle landen vor dem Landesverwaltungsgericht, manche vor dem Verfassungsgerichtshof. Dass erst nach und nach digitalisiert wird, sorgt ebenfalls für Wartezeit. Mittlerweile wird beim Antrag automatisch eine Entschädigungszahlung vorgeschlagen. Ab September sollen automatische Auszahlungen möglich sein.

Ein großer Brocken steht noch aus. Alle Seilbahnbetriebe erhielten einen negativen Bescheid. Die Fälle liegen nun beim Verfassungsgerichtshof. Sollten Seilbahnen doch antragsberechtigt sein, wird die Entschädigungssumme kräftig steigen. Außerdem kommen derzeit wöchentlich mehrere 100 Anträge dazu. Die Bundesregierung hat die Bearbeitungsfrist kürzlich von sechs auf zwölf Monate verlängert.

„Wir brauchen definitiv noch ein Jahr, um die Anträge abarbeiten zu können.“

Im Entschädigungsteam türmen sich die Fälle

Entschädigungszahlungen

14.470 von 18.700 Anträgen sind derzeit offen. Laut Landesrätin Rüscher kommen wöchentlich mehrere 100 dazu.

 

3543 positive Bescheide wurden ausgestellt, wofür 27.114.924,34 Euro ausgezahlt wurden. Darunter 331 Bescheide für Hotels.

 

2400 negative Bescheide sind ergangen. Manche wurden vom Landesverwaltungsgericht oder Verfassungsgerichtshof geändert.