Qamar Abbas darf wieder einreisen

Vorarlberg / 28.09.2021 • 19:55 Uhr
Harg und Melzer vor drei Monaten.

Harg und Melzer vor drei Monaten.

Pakistani erhält nach langem Kampf Aufenthaltstitel in Österreich.

Bregenz, Islamabad Es ist nur ein Satz, der am Dienstagmorgen in der Kanzlei von Ludwig Weh und Stefan Harg eintrudelt. Aber dieser Satz kann ein Leben verändern. Er lautet: „Der Aufenthaltstitel gem. § 55 Abs. 1 AsylG wurde mit Rechtskraft von 28.02.2021 bis 27.09.2022 an Hr. Abbas erteilt.“ Unterzeichnet: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Stefan Harg ist Anwalt von Qamar Abbas. Er bestätigt mit dem E-Mail eine VN-Anfrage. Nämlich: Der Pakistani Qamar Abbas darf seit Dienstag wieder nach Österreich einreisen. „Er hat einen Aufenthaltstitel für ein Jahr bekommen. Jetzt organisieren wir die Frage der Einreise.“

Rückblick in Buchform

Es war der langjährigen Unterstützerin Laura Melzer überlassen, die gute Nachricht nach Pakistan zu schicken. Er sei natürlich sehr froh, berichtet Melzer anschließend. Qamar Abbas selbst schreibt den VN: „Sie können sich nicht denken, wie froh ich heute bin. Ich habe sehr lange auf diesen Tag gewartet.“

Seit fast drei Jahren befindet sich Qamar Abbas in Pakistan. Am 27. Oktober 2018 wurde er abgeschoben, obwohl drei Tage zuvor die Rückkehrentscheidung aufgehoben wurde. Abbas befand sich schon in Haft, die Flüge waren bereits gebucht, erinnert sich Anwalt Harg. Er hat die Ereignisse in einem Buch von Norbert Loacker verarbeitet. Darin schreibt er: „Anstatt die vom Bundesverwaltungsgericht aufgetragene neuerliche Entscheidung zu erlassen, hat das Bundesamt am Folgetag eine inhaltleere Alibiverhandlung durchgeführt.“ Nämlich um 9 Uhr. Doch Harg und Loacker schafften den kurzfristigen Termin. „Die Vertreter des Bundesamtes in Wien waren über das Erscheinen so überrascht, dass sie zunächst nach dem Akt und nach Qamar Abbas suchen mussten, da sein Haftort nicht unmittelbar bekannt war.“ Die Verhandlung sei chaotisch verlaufen, die Juristin des BFA habe mehrfach Weisungen aus dem Innenministerium einholen müssen.

Als die Verhandlung für beendet erklärt wurde, habe man die Polizei gerufen, um Harg und Loacker aus dem Verhandlungssaal zu bringen. Stefan Harg schreibt rückblickend von einem der Tiefpunkte der Flüchtlingspolitik unter dem damaligen Innenminister Herbert Kickl. Die Abschiebung von Qamar Abbas sei mit roher Gewalt und unter Missachtung menschenrechtlicher und gerichtlicher Vorgaben erzwungen worden; ein Symbol für den kurz zuvor gestrichenen Lehrlingserlass. Abbas absolvierte zu diesem Zeitpunkt eine Gastronomielehre in Lustenau.

Vorerst ein Jahr befristet

Der Verwaltungsgerichtshof stellte Anfang 2020 fest, dass diese Abschiebung illegal war. Abbas durfte trotzdem nicht zurückehren. Nach Druck seiner Anwälte stand am 7. Juli 2021 die Neuauflage des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht an. Harg brachte Laura Melzer als Zeugin mit, Abbas’ beste Freundin. Der Pakistani hätte zwar selbst dabei sein sollen, sein Visum wurde jedoch nicht mehr rechtzeitig ausgestellt. Er erfuhr per Whatsapp, dass die Ablehnung des Aufenthaltstitels aufgehoben wurde. Nun war das BFA wieder an der Reihe. Fast drei Monate später steht fest: Qamar Abbas darf zurück. Er erhält die Aufenthaltsberechtigung plus, kann also arbeiten. In einem Jahr wird sein Aufenthalt neu bewertet.

Mit dieser Entscheidung endet ein jahrelanger Kampf, der Menschen zum Protest auf die Straße brachte, Interessengruppen lobbyieren ließ und die Politik beschäftigte. Nächster Schritt: Flug buchen.

Er hat es geschafft: Nach fast drei Jahren darf Qamar Abbas nach Österreich zurückkehren.
Er hat es geschafft: Nach fast drei Jahren darf Qamar Abbas nach Österreich zurückkehren.
Dieses erlösende E-Mail erreichte am Dienstag Abbas' Anwalt Stefan Harg in der Kanzlei in Bregenz.

Dieses erlösende E-Mail erreichte am Dienstag Abbas’ Anwalt Stefan Harg in der Kanzlei in Bregenz.