Experte befürchtet Imageschaden für die ganze Medienbranche

Vorarlberg / 07.10.2021 • 15:45 Uhr
Die Ausgabender Bundesregierung für Inserate sind so hoch wie noch nie. <span class="copyright">APA</span>
Die Ausgabender Bundesregierung für Inserate sind so hoch wie noch nie. APA

Die Inserate der Regierung seien vor allem eine Gratiszeitungsförderung, sagt Experte Andy Kaltenbrunner.

Schwarzach 33,5 Millionen Euro Steuergeld flossen im Vorjahr aus den Ministerien an Österreichs Tageszeitungen. Im Jahr 2018 waren es noch 17,5 Millionen Euro. Das liege zwar auch an der Pandemie, über die die Bundesregierung unter anderem per Inseraten informiert, erklärt Andy Kaltenbrunner vom Medienhaus Wien. “Aber selbst wenn man das wegrechnet, ist es der höchste Betrag, der je für Inserate ausgegeben wurde”, fährt der Experte fort. In seinem Buch “scheinbar transparent” beleuchtet er die neuesten Zahlen.

Andy Kaltebrunner vom Medienhaus Wien.
Andy Kaltebrunner vom Medienhaus Wien.

Von diesen 33,5 Millionen Euro flossen 8,4 Millionen an die “Kronen Zeitung”, 5,5 Millionen an “Heute” und 5,2 Millionen an “Österreich”. Die Bundesregierung sei im internationalen Vergleich schon immer vorne dabei gewesen, wenn es um Ausgaben für Regierungsinformation geht. “Pro Kopf wird zum Beispiel im Vergleich zu Deutschland ein Vielfaches ausgegeben.” Mit einer früheren Studie Kaltenbrunners konfrontiert, habe das Bundeskanzleramt argumentiert, mit einer objektiven Formel zu arbeiten. Im ZIB2-Interview am Mittwoch argumentierte Bundeskanzler Sebastian Kurz erneut damit. “Wir haben uns diese Formel angesehen. Zusammengefasst: Sich an der Auflage zu orientieren, ist werbetechnisch unsinnig. Man muss sich an der Leserschaft orientieren”, analysiert Kaltenbrunner. “Diese objektive Formel wurde ja subjektiv erfunden. Sie führt dazu, dass Gratiszeitungen, vor allem ‘Österreich’, überproportional gefördert werden. Es ist eine Gratiszeitungsregel.” Zudem würden sich die anderen Ressorts nicht einmal an der Auflage orientieren. “Die geben sogar noch mehr Geld an diese Medien, als ihnen laut dieser Formel zustehen würde.”

In der politischen Diskussion habe die SPÖ nun das Problem, dass sowohl die Stadt Wien als auch der ehemalige Bundeskanzler Werner Faymann stark mit Inseraten gearbeitet haben und noch immer arbeiten. “Faymann war ja ein Anlassfall dafür, dass die Transparenzdatenbank erfunden wurde. Er hat als Verkehrsminister bei den ÖBB Druck gemacht, Inserate in der ‘Kronen Zeitung’ zu schalten.” Auch damals ermittelte die Staatsanwaltschaft. Das Verfahren wurde eingestellt, weil die ÖBB keinen Schaden erlitten habe. Kaltenbrunner findet im Vergleich zu heute aber ein paar Unterschiede. Neben dem höheren Budget zählt auch die Mediensituation dazu. “Die Bedeutung der Zahlungen wird immer größer, weil Medienunternehmen immer stärker unter Druck geraten.”

Der Experte befürchtet durch die Vorkommnisse einen Schaden, der über die ÖVP und die Bundesregierung hinaus geht. “Der Fall ist für die ganze Branche furchtbar, der Imageschaden für den Journalismus könnte enorm sein. Das ist für die überwiegende Mehrheit der Journalisten im Land, die seriös arbeiten, ganz schlimm.”