Gericht: Nach Selbstmordversuch Gefängniswärter angegriffen

Vorarlberg / 16.12.2021 • 04:40 Uhr
Gericht: Nach Selbstmordversuch Gefängniswärter angegriffen
Der angeklagte Untersuchungshäftling beteuerte vor Richter Richard Gschwendter seine Unschuld. VN/GS

Justizwächter schnitten lebensmüden Häftling von der Schlinge, worauf er tätlich wurde.

Feldkirch Dramatische Szenen spielten sich in einem Haftraum in der Justizanstalt Feldkirch ab. Ein 25-jähriger marokkanischer Untersuchungshäftling sah den Ausweg nur noch im Selbstmord.  

Zunächst zertrümmerte er eine Suppenschüssel mit einem Wurf auf den Boden und versuchte mit den Scherben, sich am Arm aufzuschlitzen. Anschließend fabrizierte er aus einem Tuch eine Würgeschlinge, um sich damit zu strangulieren.

Rechtzeitig eingeschritten

Ein Justizwachebeamter, der die Verzweiflungstat durch die Speiseklappe zum Haftraum beobachtete, schritt mit weiteren Beamten ein. Sie schnitten den Lebensmüden, der bereits in der Schlinge hing, noch rechtzeitig los.

Doch der 25-Jährige wehrte sich nach Angaben der Beamten mit Händen und Füßen gegen jene, die ihm helfen wollten. Er wurde zur Behandlung ins Krankenhaus transportiert. Dann, wieder zurück vom Spital, versuchte der junge Mann beim Eingang zur Justizanstalt einem der Gefängniswärter einen Kopfstoß zu versetzen.  

„Ich bin Opfer, nicht Täter“

Die Staatsanwaltschaft klagte den Marokkaner wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, Vergehens der Sachbeschädigung (zertrümmerte Suppenschüssel) und tätlichen Angriffs auf einen Beamten an.

Doch beim Prozess am Landesgericht Feldkirch wiederholt der Untersuchungshäftling immer wieder nur das eine: „Ich schwöre bei Gott, ich bin Opfer, nicht Täter!“ Die Justizwachebeamten hätten ihn geschlagen. Er selbst hingegen habe sich nicht regen können. „Ich war mit Handschellen an Händen und Füßen gefesselt“, begründet der Angeklagte.

Als Zeugen befragt, bestätigen die Gefängniswärter einhellig den versuchten Kopfstoß. Ansonsten bescheinigen die Beamten dem Angeklagten, dass er damals lediglich „leichten Widerstand“ geleistet habe, sie aber den Widerspenstigen mit Gewalt festhalten mussten, denn: „Bei jeder Gegenwehr ist zu kämpfen“, sagt einer der Justizwächter aus Erfahrung.

Richter Richard Gschwendter spricht den Angeklagten vom Vorwurf des Widerstands gegen die Staatsgewalt frei. „Die Beweisergebnisse zu den Vorgängen im Haftraum sind zu gering“, wie er begründet.

Berufung gegen Strafhöhe

Dem Vorwurf des versuchten Kopfstoßes schenkt er jedoch Glauben, die Zertrümmerung der Suppenschüssel ist ohnehin erwiesen. Zu diesen Fakten ergeht also ein Schuldspruch. Der Marokkaner wird wegen tätlichen Angriffs auf einen Beamten und Sachbeschädigung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt. Ohne Bewährung deshalb, weil gegen den Mann schon des Öfteren Haftstrafen ausgesprochen worden sind. Sein Verteidiger Rechtsanwalt German Bertsch meldete Berufung gegen die Höhe der ausgesprochenen Strafe an.