Schuldenberatung: Warum ein massiver Anstieg von Klienten vorerst ausblieb

Schuldenregulierungsverfahren heuer um 7,2 Prozent gestiegen.
Bregenz Die Pandemie hat das Geld in vielen Haushalten knapp werden lassen. Der befürchtete massive Anstieg von Klienten bei den Schuldenberatungsstellen ist jedoch ausgeblieben.
Simone Strehle-Hechenberger, Leiterin der ifs-Schuldenberatung, spricht von einem moderaten Anstieg der in den ersten drei Quartalen des heurigen Jahres eröffneten Schuldenregulierungsverfahren. Konkret waren es 252, was einer Steigerung von 7,2 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres entspricht. Im langjährigen Schnitt ist das laut Strehle-Hechenberger ein unterdurchschnittlicher Wert. „Maßnahmen wie die Kurzarbeit oder die Möglichkeit der Mietstundung haben gegriffen“, erklärt sie, macht sich jedoch keine Illusionen, dass es das schon gewesen ist. „Die Krise wird sich zeitverzögert wohl auch bei uns bemerkbar machen“, vermutet sie entsprechende Nachwirkungen in den kommenden Jahren. Strehle-Hechenberger stützt sich dabei auf eine Untersuchung, der zufolge zwei Drittel der Haushalte kaum noch imstande sind, ihre Aufwendungen zu stemmen.
Aus 5000 werden 20.000 Euro
Die ifs-Schuldenberatung betreut jährlich etwa 3000 Klienten. Gemeinsam mit den Betroffenen und Fachleuten werden kurz- und langfristige Lösungen erarbeitet. Die Stellenleiterin verweist auch darauf, dass sich Schulden nicht von heute auf morgen ergeben. „Sie bauen sich über Jahre auf“, sagt Simone Strehle-Hechenberger. Nicht selten stehe hinter einem Schuldenberg von 20.000 Euro eine Verschuldung von ursprünglich 5000 Euro, verdeutlicht sie. Betreibungskosten, Zinsentwicklung, Gerichtskosten und anderes lassen die Überschuldung mitunter explodieren. Im Durchschnitt lag die Verschuldung 2020 bei 83.509 Euro, im Mittel machte sie 46.550 Euro aus. Die Männer häuften mehr an. Bei ihnen betrug die durchschnittliche Verschuldung 94.000 Euro, im Mittel 53.000 Euro. Mit durchschnittlich 65.700 Euro standen Frauen in der Kreide, im Mittel waren es knapp 34.000 Euro.
Schwerer Weg
Der Weg zur Schuldenberatung fällt Betroffenen allerdings oft schwer. „Viele versuchen, das selbst zu regeln“, weiß Strehle-Hechenberger. Es brauche meistens einige Anläufe, bis sie sich zu diesem Schritt durchringen würden. Oft herrsche Angst vor Schuldzuweisungen: „Dabei geht es nicht um Schuld, sondern darum, Lösungen für die Zukunft zu finden“, betont sie. Sie glaubt außerdem, dass viele auf die Novelle des Insolvenz- und Exekutionsrechts gewartet haben, das seit Juli eine Entschuldung in drei Jahren ermöglicht. Gleichzeitig fürchtet Simone Strehle-Hechenberger einen wachsenden Druck auf Schuldner.