So steht es um die Vorarlberger Brücken im Detail

Baufällige Brücken, vergessene Kontrollen: Rechnungshof sieht Handlungsbedarf.
Bregenz Jede zehnte Brücke in Vorarlberg ist in mangelhaftem bis schlechtem Zustand, was eine Verschlechterung zu früheren Prüfungen darstellt. So urteilt der Rechnungshof in einem aktuellen Bericht, bezogen auf den Stand von 2019. Sie stellen überproportionale 23 Prozent der gesamten Brückenfläche. Denn betroffen sind vor allem Brücken aus den 1970ern und 1980ern, einer Hochphase des Straßenbaus im Land. 63 Prozent der Brückenfläche des Landes stammen aus dieser Zeit.

Allein 40 Prozent der in den 1970ern errichteten Brückenfläche galten als “mangelhaft” (Zustandsklasse 4). Als “schlecht”, die fünfte von sechs Zustandsklassen, galten die Krumbachbrücke, Baujahr 1983, und der Müllerbachdurchlass 2, laut Vorarlberg Atlas handelt es sich dabei um ein Kanal unter der L190 vor der Fachhochschule Vorarlberg in Dornbirn, Baujahr 1986. Hier sind die Sanierungen bereits umgesetzt oder im Falle der Krumbachbrücke für dieses Jahr angesetzt. Dennoch, die Vorarlberger Brücken sind im Durchschnitt 43 Jahre alt, bei einer Lebenserwartung von 70 bis 90 Jahren.

Vergessene Brücken
In Hohenems und Feldkirch sind die Brücken kaum jünger. Im Gegensatz zum Land fehlen den Städten jedoch ausreichend aufbereitete Unterlagen über den Zustand und Alter der Bauten, kritisiert der Rechnungshof. Dies führt gleich zu mehreren Problemen: Feldkirch kommt für den Erhalt einer Radbrücke über den Naflabach auf, obwohl diese an das Land abgetreten wurde. Hohenems dafür wusste nicht, dass es für den Erhalt einer Radbrücke über die Unterführung der ÖBB verantwortlich ist. Besonders kritisch: Aufgrund des mangelnden Überblicks wurden bei den amtlich angeordneten Kontrollen immer wieder auf zahlreiche Brücken vergessen, wie der RH betont.

Der Grund: Der RH nahm sich zur Bewertung die Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen (RVS) des Bundes heran. Das Land orientiert sich jedoch nur an diesen Vorgaben, die Gemeinden am Straßengesetz. Entsprechend gab es unterschiedliche Meinungen, was als Brücke gilt oder nicht. Hohenems betont des weiteren, dass die Prüfung gerade in eine Zeit der Digitalisierung der Brückenkennzahl fiel. Feldkirch erklärt, dass man anfangs nur die Brücken im Stadtgebiet angab, dann aber der Prüfungsumfang auch auf Forstwege und Verbindungsbrücken ausgeweitet wurde.
RH empfiehlt Landesprüfstelle
Der Rechnungshof empfiehlt daher einheitliche Regelungen, mit Anpassungen für Gemeindestraßen. Anbieten würde sich eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen dem Land und den Gemeinden. “Für Vorarlberg könnte eine landesweite Stelle für die gemeinsame und damit einheitliche Kontrolle von Landes- und Gemeindebrücken überlegt werden”, hieß es. Das Land sieht laut Bericht keine Notwendigkeit für verbindliche Prüfvorgaben, nehme die Empfehlungen aber ernst und will gemeinsam mit dem Gemeindeverbund aber das entsprechende Bewusstsein bei den Gemeinden zur Anwendung der RVS fördern. Hohenems sieht sich mit dem digitalen Brückenbuch und einem je nach Frequenz und Bauart individualisiertem Prüfintervall gut aufgestellt. Dennoch begrüße man alle Empfehlungen einer verbesserten Zusammenarbeit und Bündelung der Kontrollen in Landeshände. Feldkirch will zumindest anlassbezogen Synergien prüfen und die Empfehlungen des RH umsetzen.

Zwar hat das Land das Budget für Brückenarbeiten um etwa zehn Prozent erhöht. Dennoch sieht der RH die Gefahr verschleppter Notsanierungen: “Eine zeitliche Konzentration von Erhaltungsmaßnahmen ist aufgrund der damit einhergehenden höheren Anzahl an Verkehrsbehinderungen, gegebenenfalls auch verbunden mit einer Umleitung von Verkehrsströmen, der beschränkten Personalressourcen des Landes Vorarlberg für die Planung und Abwicklung der Maßnahmen sowie wegen der eventuell beschränkten Leistungsfähigkeit potenzieller Auftragnehmer für Brückensanierungen wenig zweckmäßig und deshalb zu vermeiden.” Das Land hält entgegen, dass je nach Bedarf zusätzliche Finanzmittel bereitgestellt werden, um der Lage Herr zu bleiben und den Zustand nach Möglichkeit zu verbessern.
Postskriptum: Die inzwischen für den motorisierten Verkehr gesperrte Senderbrücke, beim Land als L041 005 geführt, galt 2019 noch nicht als mangelhaft. Ihr Ersatz ist ebenfalls im Entstehen.