Bezirksgericht: Mit dem „Polizeitaxi“ zum Prozess

Vorarlberg / 15.02.2022 • 09:00 Uhr
Bezirksgericht: Mit dem „Polizeitaxi“ zum Prozess
Hin und wieder müssen Angeklagte und auch Zeugen von der Polizei bei Gericht vorgeführt werden. Symbol/VN

Betrunkener traktierte seine Ehefrau mit einem Schuhlöffel.

Bregenz Polizeibeamte chauffieren das Ehepaar mit dem Dienstwagen zur Verhandlung am Bezirksgericht Bregenz. Zwangsweise vorgeführt heißt das. Der Grund: Trotz dreimaliger Vorladung waren der angeklagte Ehemann und seine Frau (und angebliches Opfer seines Übergriffs) bisher nie zum Prozess erschienen.

„Wieso kommen Sie nie?“, will Richter Christian Röthlin nun von Angesicht zu Angesicht vom Beschuldigten wissen. Der 41-Jährige rechtfertigt sich lapidar mit den Worten: „Wissen Sie, das ist so kompliziert mit den gelben Zetteln. Und dann muss man damit auch noch zur Post gehen . . .“.

Seine Ehefrau wartet indessen vor dem Verhandlungssaal auf ihre Einvernahme. Eine Polizeibeamtin fragt den Richter, ob sie bis dahin ein Auge auf die Zeugin werfen solle. Worauf Röthlin erwidert: „Nein, das müssen Sie nicht. Aber sagen Sie ihr, sie soll ja nicht abhauen.“

Beruf: Krankenstand

Der Beschuldigte wird einvernommen. Auf die Frage, was er denn beruflich mache, antwortet er: „Beruflich bin ich seit eineinhalb Jahren im Krankenstand.“  Dem Mann wird das Vergehen der Körperverletzung vorgeworfen. Er soll seine Frau mit einem Schuhlöffel geschlagen und verletzt haben.

„Keine Ahnung. Ich war betrunken und kann mich nicht erinnern“, entgegnet er dem Vorwurf.

Als nun seine Ehefrau zur Aussage in den Saal gerufen wird, scheint sie für ihren Mann in die Bresche zu springen: „Ich habe den Streit damals angefangen.“ Vom Malträtieren mit einem Schuhlöffel wisse sie aber nichts. „Irgendwas hat mich halt von hinten am Nacken getroffen und mir eine Beule verpasst. Da war Adrenalin im Spiel.“ Ihr bisheriges Nichterscheinen begründet sie so: „Ich hatte beruflich gerade viel zu tun.“ Die 41-jährige wird wegen Nichtbefolgung der Vorladung mit einer Ordnungsstrafe von 200 Euro belangt.

480 Euro Geldstrafe

Ihr Gatte wird im Sinne der Anklage zu einer Geldstrafe von 480 Euro in 120 Tagessätzen zu je vier Euro verurteilt. Vielmehr entsetzt ihn jedoch die Tatsache, dass das „Polizeitaxi“ bereits von dannen fuhr. „Wie sollen wir denn jetzt nach Hause kommen?!!“, schmettert er dem Richter entgegen. Doch der erwidert gelassen: „Das schöne Wetter lädt doch gerade zu einem ausgedehnten Spaziergang . . .“.