Der Ukraine-Wahnsinn: Warum die Brüder Ivan und Dmytro aufeinander schießen müssten

Vorarlberg / 23.02.2022 • 04:30 Uhr
Der Ukraine-Wahnsinn: Warum die Brüder Ivan und Dmytro aufeinander schießen müssten
Die Brüder Ivan und Dmytro. Die unsägliche Konfrontation in der Ukraine könnte dazu führen, dass sie aufeinander schießen müssen. Dür

Ivan steht vor der Zwangsverpflichtung bei den Russen. Dmytro müsste für die Ukraine in den Krieg.

Schwarzach, Donezk Kira Dür (39), geboren im Donbass, ist verzweifelt. Der militärische Überfall der Russen auf die Ostukraine hat ihre Familie zerrissen und in ein unvorstellbares Dilemma gestürzt. „Meine Mutter ist in Donezkt, erlebt das Geschehen dort hautnah. Mein Cousin Ivan lebt ebenfalls dort. Jetzt steckt er in großer Not“, erzählt Dür. Der Grund dafür: In einer Blitzaktion werden in der „unabhängigen Republik“ nun alle Männer in die Milizen der Separatisten eingezogen. „Ivan hat sich versteckt. Er will nicht eingezogen werden. Er hat Angst und würde am liebsten die Region verlassen.“

Flucht in den Westen unmöglich

Doch das geht nicht. Die Russen haben die Grenzen zum restlichen Teil der Ukraine abgeriegelt. Nur Frauen und Kindern ist die Ausreise in den Westen derzeit noch erlaubt, alle wehrfähigen Männer werden laut Kira Dür aufgeschnappt und zwangsverpflichtet. „Es werden auch Fahrzeuge beschlagnahmt, um für das Militär verwendet zu werden“, hat die in Schwarzach verheiratete Mutter einer Tochter von ihrem Cousin erfahren. „Alle haben Angst. Noch kann ich mit meiner Mutter kommunizieren. Ich lasse mir jeden Tag berichten, wie es ihr geht und bin froh, wenn sie noch lebt“, erzählt Dür.

Kira Dür ist in großer Sorge. Sie hat Angst um ihre Mutter und ihren Cousin Ivan in Donezk, aber auch um Ivans Bruder Dmytro in Kiew. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Kira Dür ist in großer Sorge. Sie hat Angst um ihre Mutter und ihren Cousin Ivan in Donezk, aber auch um Ivans Bruder Dmytro in Kiew. VN/Steurer

Viele Menschen würden ihre Heimat auch Richtung Russland verlassen. „Dabei wollen sie das gar nicht, haben mir meine Mutter und Ivan erzählt.“ Ihr Cousin hat ihr auch von seinen Kollegen berichtet. „Die waren für ihn auf einmal nicht mehr zu erreichen. Ivan (35) glaubt, die Polizei hat sie geschnappt, ihnen die Handys abgenommen und sie zu einer militärischen Einheit gebracht.“

Putin und die Angst

Der Tragödie noch nicht genug. Kira Dür hat einen zweiten Cousin: Dmytro (39), Ivans Bruder. Dieser flüchtete nach den Kämpfen 2014 nach Kiew. Dort harrt er angsterfüllt mit Millionen anderer Ukrainer der Dinge, die da kommen könnten. “Dmytro könnte für ukrainische Armee eingezogen werden. Und dann müsste er vielleicht in den Krieg und auf seinen Bruder Ivan schießen!” Für Dür ist das eine unerträgliche Vorstellung. Sie fragt sich immer wieder, wie es so weit kommen hatte können.

Wladimir Putin ist unberechenbar geworden. Niemand weiß, was er als nächstes vorhat. Das macht Angst.”

Kira Dür, geborene Ostukrainerin

Wladimir Putin, der ursprünglich Sympathien bei der russisch geprägten Ukrainerin genoss, ist ihr unheimlich geworden. “Putin ist ja völlig unberechenbar. Niemand weiß, was er als nächstes vorhat. Ich weiß nur: Alle haben Angst vor einem großen Krieg.”