Das Problem mit dem „Seebrünzler”

Vorarlberg / 20.05.2022 • 07:00 Uhr
Das Problem mit dem „Seebrünzler"
Nicht nur das “Wildpinkeln” ist in Bregenz verboten, sondern auch das Füttern von Tauben.

Polizeirechtsexperte Mario Breuss über die Möglichkeiten der Gemeindesicherheitswachen.

bregenz Wer hätte geahnt, dass das Füttern von Tauben in Bregenz verboten ist? Nicht einmal Mario Breuss von der Rechtsabteilung der Vorarlberger Landespolizeidirektion, der am Donnerstag anlässlich des 69. Treffens der Gemeindesicherheitswachen in Bregenz referierte. Dieses Verbot ist ihm selbst erst bei der Lektüre der Bregenzer ortspolizeilichen Verordnung aufgefallen.

„Selbst Ball- und Wurfspiele in der Öffentlichkeit und das Wildpinkeln sind in Bregenz nicht erlaubt“, führte er als weitere Beispiele an.

Anstandsverletzung

Apropos Wildpinkeln. Am Beispiel des „Seebrünzlers“ wies Breuss auf die Kompetenzunterschiede zwischen Gemeindesicherheitswachen und der Bundespolizei hin: „Wer in den Seeanlagen Wasser lässt, macht sich im Sinne der ortspolizeilichen Verordnung, also Verwaltung, strafbar. Die Bundespolizei dürfte hier nicht einschreiten, nur die Gemeindesicherheitswache. Wer allerdings den Bodensee ein wenig befüllt, dem droht, wenn ihm dabei mindestens zehn Leute zu sehen, eine bundespolizeiliche Anzeige wegen Anstandsverletzung. Es ist ein Problem.“

Das Problem mit dem „Seebrünzler"
Mario Breuss vom Büro für rechtliche Angelegenheiten: “Wer den Bodensee ein bisschen befüllt, dem droht eine bundespolizeiliche Anzeige wegen Anstandsverletzung.” Vn/gs

Skischuhverbot

Ortspolizeiliche Verordnungen sind in erster Linie Sache der jeweiligen Gemeindevertretungen. Und die Beschlüsse können unterschiedlich, oder besser gesagt ortsspezifisch sein. Am Beispiel Bregenz etwa wurde ein Verbot von Glasflaschen und dem Herumtragen von eingeschalteten Musikboxen verfügt. „Das gilt in Zwischenwasser meines Wissens nicht“, sagte Breuss. Wie kurios ortspolizeiliche Verordnungen ausfallen können, schilderte der Rechtsexperte am Beispiel von Ischl in Tirol: „Wegen einer möglichen Lärmbelästigung durch Hartschalenschuhe ist das Gehen mit Skischuhen im Winter in Ischgl genau definiert und stellenweise verboten. Im Sommer hingegen wäre dort das Gehen mit Skischuhen erlaubt.“

Diese ortspolizeilichen Verordnungen würden als „Abwehr und Beseitigung von örtlichen Missständen“ von den Gemeinden beschlossen, überlagern sich aber oft mit der Landes- und Bundesgesetzgebung. Wenn jemand vorsätzlich Sachbeschädigungen etwa an Bäumen oder Blumen begeht, könne die Gemeindesicherheitswache nicht einschreiten. Das sei Sache der Bundespolizei. Umgekehrt sehe es bei der „Hinterlassenschaft“ von Hunden (Kot) im öffentlichen Bereich aus. „Das wiederum kann das Bundesgesetz nicht regeln“, erklärte Breuss.

Treffen der Gemeindesicherheitswache

Im Beisein zahlreicher Persönlichkeiten aus dem Land, der Politik und Verwaltung fand am Donnerstag das diesjährige Treffen der Gemeindesicherheitswachen im Gösser Bräu in Bregenz statt. Die Gemeindesicherheitswachen sind seit über 200 Jahren ein fixer Bestandteil in der Sicherheitslandschaft im Bundesland Vorarlberg. Mit einer Stärke von rund 120 Beamten tragen sie wesentlich zum Sicherheitsgefüge im Lande bei. Mario Leiter, Vorsitzender der Sicherheitswachen Österreichs, gelang es, den ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichthofes, Eckart Ratz, und Mario Breuss, Leiter des Rechtsbüros in der Landespolizeidirektion, als Referenten zu gewinnen.

Das Problem mit dem „Seebrünzler"
Beim 69. Treffen der Gemeindesicherheitswachen in Bregenz referierte unter anderem auch Ex-OGH-Präsident Eckart Ratz. VN/GS