Gottes Beistand als Geist und Gesetz

Das christliche Pfingstfest und das jüdische Schawuot fallen heuer auf den gleichen Tag.
Schwarzach 50 Tage sind nach dem jüdischen Pessach und dem christlichen Osterfest vergangen. Am Sonntag feiern Juden und Christen zwei ihrer zentralen Feste zeitgleich: Schawout und Pfingsten. Ein kurzer Blick hinter die Kulissen offenbart jede Menge Verwandtschaft.
Pfingsten erinnert die Christen daran, dass Christus ihnen den Heiligen Geist gesandt hat. Juden feiern zu Schawuot, dass Gott ihnen die Thora durch Moses offenbarte. Beide Feste verheißen der jeweiligen Religionsgemeinschaft göttlichen Beistand.
Fein herausgeputzt
Auch prächtig sind sie beide. Die Kirchen werden festlich herausgeputzt. In traditionsbewussten jüdischen Gemeinden schmückt man an Schawuot heute noch Synagogen, Wohnungen, Schulen und Kindergärten mit Blumen und Zweigen, buntem Gemüse und Weizenähren. Da wie dort wird auch der Frühling gefeiert. In den Synagogen liest man an Schawuot gar eine Liebesgeschichte: Das Buch Rut erzählt von der armen Rut und dem gütigen Boas, die während der Weizenernte zueinander finden.
Beide Feste erinnern in ihrem Kern aber an einschneidende Erlebnisse, so wie Ostern und Pessach 50 Tage zuvor. An Pessach gedenken Juden in aller Welt der Befreiung aus der ägyptischen Gefangenschaft. Genau an diesem Gedenktag wurde Jesus in Jerusalem verraten, verhaftet, verurteilt und gekreuzigt. Und ist von den Toten auferstanden – so erzählen es die Überlieferer des Neuen Testaments. Auf ihrem Bericht gründet sich das christliche Osterfest.
Göttlicher Leitfaden
50 Tage nach Pessach begingen die Juden erneut ein Fest: Schawuot. Es erinnert daran, dass Gott dem wandernden Volk Israel in der Wüste Gesetze gab: und zwar nicht zwei Steintafeln mit zehn ehernen Sätzen darauf, sondern auch die „mündliche Thora“, die Auslegung der biblischen fünf Bücher Mose.
An diesem Schawoutfest vor 2000 Jahren hielten sich Jesu Jüngerinnen und Jünger in Jerusalem versteckt. Sie waren verzweifelt, weil sie ihr Meister scheinbar verlassen hatte. „Da kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daher fährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen wie von Feuer, die sich verteilten; auf jeden von ihnen ließ sich eine nieder. Und alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt und begannen, in anderen Sprachen zu reden, wie es der Geist ihnen eingab.“ Das erzählt Lukas in der Apostelgeschichte. Die solcherart Beflügelten sollen so überzeugend gepredigt haben, dass sich spontan 3000 Menschen taufen ließen.
Bis heute ist das Pfingstfest sozusagen das Zentrum des Firm-Sakraments. Die Firmung macht den Jugendlichen zu einem mündigen, erwachsenen Christen. Gespendet wird die Firmung durch die Salbung mit Chrisam auf der Stirn unter Auflegen der Hand und durch die Worte: „Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist“. Auf dass der Wunsch von Papst Franziskus in Erfüllung gehe: „Seid keine Teilzeit-Christen, keine Spießer, nicht nur Fassade, sondern authentisch.“

Und im Judentum? Steht auch die Jugend im Zentrum. Seit der Übergabe der Gebote dürfen sich die Juden als „auserwähltes Volk“ verstehen. Die Gebote sind ein Regelwerk, wie Menschen miteinander, mit der Natur, mit fremdem Leben umgehen sollen. Bis heute werden jüdische Kinder an Schawout in den Cheder (jüdische Elementarschule) eingeschult. Damit sie daran eine „süße“ Erinnerung behalten, bekommen sie bei dieser Gelegenheit besondere Honigkuchen, auf denen Toraverse stehen.