“Ich bin Dirk, nicht das Virus”

Vorarlberg / 30.11.2022 • 16:45 Uhr
"Ich bin Dirk, nicht das Virus"
Dirk H. (l.) redet offen über seine HIV-Diagnose, weil er einen Beitrag zur Aufklärung leisten möchte. VN/Hartinger

Dirk H. ist seit vielen Jahren HIV-positiv. Er kämpft gegen Vorurteile, die immer noch weitverbreitet sind.

Bregenz Erstmals 1988 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ausgerufen, erinnert der Welt-Aidstag am 1. Dezember jährlich an die Menschen, die an den Folgen der Infektion verstorben sind. Er will außerdem dazu aufrufen, weltweit Zugang für alle zu Prävention und Versorgung zu schaffen und nicht zuletzt der Diskriminierung entgegenzuwirken. Gleichzeitig soll der Welt-Aidstag daran erinnern, dass auch die HIV-Pandemie noch nicht vorbei ist.

Seit 2005 lebt Dirk H. mit der Diagnose. Heute leistet er Aufklärungsarbeit.<span class="copyright">VN/Hartinger</span>
Seit 2005 lebt Dirk H. mit der Diagnose. Heute leistet er Aufklärungsarbeit.VN/Hartinger

In Vorarlberg leben rund 240 Menschen mit dem HI-Virus. Ein Viertel davon steht in regelmäßigem Kontakt mit der Aidshilfe. 50 Jahre nach den ersten Meldungen über Aids sind nach wie vor viele Menschen nicht darüber informiert, wie gut eine HIV-Infektion heute medikamentös zu behandeln ist. Nicht zuletzt dadurch erleben Betroffene nach wie vor stigmatisierende Reaktionen. Davon kann auch Dirk H. ein Lied singen. Seit 2005 lebt er mit dem HI-Virus und erlebte die ganze Dramatik, die die Erkrankung mit sich bringt.

In Vorarlberg leben rund 240 Menschen mit dem HI-Virus. Ein Viertel davon steht in regelmäßigem Kontakt mit der Aidshilfe. <span class="copyright">VN/Hartinger</span>
In Vorarlberg leben rund 240 Menschen mit dem HI-Virus. Ein Viertel davon steht in regelmäßigem Kontakt mit der Aidshilfe. VN/Hartinger

“Diagnose war ein Schock”

Das Virus machte sich bei ihm zu Beginn in Form einer Erkältung bemerkbar. “Ich habe mir nicht viel dabei gedacht, schob es auf die Arbeit im Gastgewerbe”, erinnert er sich zurück. “Die Diagnose war ein Schock. Die Ansteckung passierte durch einen Unfall”, sagt der 44-Jährige, der laut eigenem Bekunden verhütet hat und sich regelmäßig auf das HI-Virus testen ließ.

 „Bei guter Behandlung ist HIV nicht mehr ansteckend“, betont Angela Knill, Leiterin der Aidshilfe Vorarlberg. <span class="copyright">VN/Hartinger</span>
 „Bei guter Behandlung ist HIV nicht mehr ansteckend“, betont Angela Knill, Leiterin der Aidshilfe Vorarlberg. VN/Hartinger

Arbeit verloren, Freunde weg, von vielen angefeindet: Die Diagnose traf Dirk H. mit voller Wucht. “Schlimm war für mich damals besonders, dass meine Diagnose fremd-geoutet wurde”, schildert der gebürtige Deutsche. Nach wie vor erlebe er im Alltag Stigmatisierungen, zum Beispiel wenn sich ein Zahnarzt weigerte, ihn aufgrund der Erkrankung zu behandeln. “Auch meine Mutter wurde anonym angefeindet.”

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Diskriminierung

Heute ist dem Bregenzer sein Engagement in der Prävention, das er im Rahmen der Aidshilfe betreibt, besonders wichtig. Denn noch gebe es zu viel Ausgrenzung und zu viele Klischees, die in den Köpfen der Menschen herumgeistern. „Ich will mich nicht verstecken, sondern kämpfe und bin durch die Erkrankung mutiger und stärker geworden“, sagt Dirk, der mit Kunstprojekten aufmerksam machen will und in Schulen Workshops zum Thema hält. Anderen Betroffenen rät er, sich genau zu überlegen, wem sie von der Erkrankung erzählen. Was er sich von der Gesellschaft wünscht? “Ich bin Dirk, nicht das Virus.”

 Dank medizinischem Fortschritt spürt Dirk H. keine Einschränkungen im Alltag. <span class="copyright">VN/Hartinger</span>
 Dank medizinischem Fortschritt spürt Dirk H. keine Einschränkungen im Alltag. VN/Hartinger

Dank dem medizinischen Fortschritt muss Dirk H. seit etwa fünf Jahren nur noch eine Tablette am Tag nehmen, alle vier Monate muss er sich in Innsbruck komplett durchchecken lassen. Das war nicht immer so: “Zu Beginn musste ich eine Handvoll Medikamente nehmen. Die Nebenwirkungen waren enorm und reichten von Gewichtszunahme bis hin zu einer Sonnenallergie.”

Das Kunstwerk "Engel mit Taube" des Bregenzers ist derzeit im Landhaus ausgestellt.
Das Kunstwerk "Engel mit Taube" des Bregenzers ist derzeit im Landhaus ausgestellt.

Kein Todesurteil mehr

Dass HIV mittlerweile gut behandelbar ist, gilt es laut Aidshilfe-Leiterin Angela Knill in der Öffentlichkeit zu transportieren. Nach wie vor geistere die Vorstellung von dahinsiechenden Aidsopfern durch viele Köpfe. “Mittlerweile ist HIV so gut behandelbar, dass sich die Lebenserwartung bei HIV-positiven Menschen nicht von der anderer unterscheidet”, betont Knill. “Bei guter Behandlung ist HIV außerdem nicht mehr ansteckend.”

Die rote Schleife ist weltweit ein Symbol für Akzeptanz und Solidarität mit Menschen, die von HIV und Aids betroffen sind. <span class="copyright">VN/Hartinger</span>
Die rote Schleife ist weltweit ein Symbol für Akzeptanz und Solidarität mit Menschen, die von HIV und Aids betroffen sind. VN/Hartinger

Kostenlose Tests

Bei der Aidshilfe Vorarlberg kann man sich jeden Dienstag von 17 bis 19 Uhr anonym und kostenlos testen lassen. Getestet wird aber auch auf Hepatitis C, Syphilis, Chlamydien und Gonorrhö. Angela Knill berichtet von einer guten Annahme dieser Testangebote. Allein dieses Jahr waren es über 400 Testungen. 42 Prozent der Aids-Diagnosen erfolgen sehr oder zu spät, eine rechtzeitige Diagnose rettet aber Leben. Je früher eine HIV-Infektion festgestellt wird, desto schneller kann sie behandelt und die Infektionskette durchbrochen werden.

AIDS-Hilfe Vorarlberg

Kaspar-Hagen-Straße 5

6900 Bregenz

Beratung:

Di 16–19 Uhr, Do 10–13 Uhr

Testungen:

Di 16-19 Uhr
https://aidshilfe-vorarlberg.at/beratungtest/beratung/

HIV in Vorarlberg

240 Menschen in Vorarlberg leben mit der Diagnose HIV

 

17 Personen in Vorarlberg wurden 2021 positiv auf das Virus getestet.

 

40 Prozent aller HIV-Diagnosen in Österreich werden zu einem späten Zeitpunkt gestellt.

 

8000 bis 9000 Menschen leben in Österreich mit HIV (inkl. Dunkelziffer).