AHS bleibt vielen ­Qualifizierten verwehrt

Vorarlberg / 21.02.2023 • 17:56 Uhr
Motivation allein reicht nicht für den Zugang zum Gymnasium. Das Zeugnis muss passen. Symbolbild VN/Stiplovsek
Motivation allein reicht nicht für den Zugang zum Gymnasium. Das Zeugnis muss passen. Symbolbild VN/Stiplovsek

Gelegentlich greift Bildungsdirektion ein, wenn Eltern protestieren.

DORNBIRN, BREGENZ Es war eine jener Situationen, in denen Pflichtschullehrer-Vertreter Willi Witzemann (63) der Kragen platzte. „Es reicht!“, schrie er in die kleine Gesprächsrunde an einer Dornbirner Volksschule. Sein Adressat: Eine Mutter, welche die zwei Dreier ihres Buben in der Semesternachricht mit aller Vehemenz und abwertenden Bemerkungen gegenüber den Schulverantwortlichen beanstandete.

Wütende Mutter

„Gott sei Dank erlebe ich so etwas nicht oft. Aber diese Mutter hat System und Lehrpersonen herabgesetzt, ließ niemanden ausreden und hörte überhaupt nicht zu“, reflektiert Witzemann das Geschehene, das er am Rosenmontag gemeinsam mit Klassenlehrerin, Direktorin und Schulqualitätsmanagerin Monika Steurer (58) erlebte. Letztere spricht von „einer Lösung zum Schluss“ und will die Dramatik des Treffens in diesem Ausmaß nicht bestätigen.

Tatsache ist: Wegen der verteilten Ziffernnoten gibt es immer wieder Streit. Und das nicht nur in Schnittstellenklassen, wo eine Bildungswegentscheidung ansteht. „Es ist nach Corona ärger geworden“, räumt Monika Steurer ein. „Damals gab’s vom Bildungsminister ja die Anweisung, milde zu benoten. Als wir wieder die gewohnten Standards forderten, haben Einsprüche zugenommen. Mittlerweile ist die Situation aber wieder entspannter.“

Mit drei Eltern von Viertklässler musste sich an der Volksschule Hohenems Schwefel Direktor Christoph Jagg eingehend auseinandersetzen. „Es gab wegen der Noten Unmut. Letztlich blieben diese aber und wir mussten nicht die Bildungsdirektion bemühen. Simon Hagen von der Volksschule Rankweil-Montfort hatte es mit einem protestierenden Elternteil eines Viertklässlers zu tun. „Ein Kind, das einen Zweier hat.“ Die Gespräche laufen weiter.

Auf fruchtbaren Boden fiel offenbar der Appell der Bildungsdirektion an die Volksschulleiter, allfälligem Elterndruck nicht nachzugeben und Noten leistungsgerecht zu verteilen.

Lehrer arbeiten in Teams

Dafür gibt es sogar Lob von Pflichtschullehrervertreter Witzemann. „Das gibt den Kolleginnen und Kollegen doch gewisse Sicherheit. Sie wissen, dass jemand auch bei für Eltern unpopulären Entscheidungen hinter ihnen steht.“ Schulqualitätsmanagerin Steurer weiß, dass vor allem im dicht besiedelten Rheintal der Druck auf die Volksschullehrer groß ist. „Unsere Bewusstseinsmachung zum Verteilen leistungsgerechter Noten hat dazu geführt, dass sich Lehrerteams zusammengeschlossen und einheitliche Standards und Schularbeiten festgelegt haben.“

Doch allen Bemühungen zum Trotz bleibt der Umstand, dass an den heimischen Volksschulen insgesamt mehr Kinder gymnasiumsreif eingestuft werden, als dann tatsächlich an einer AHS Aufnahme finden können. An der Volksschule Dornbirn Haselstauden sind es 24 von 60 Viertklässlern, an der VS Montfort Rankweil 24 von 55. Die VS Hohenems-Schwefel bewertet 28 von 54 Viertklässlern als gymnasiumsreif. Die Volksschule Lustenau Kirchdorf meldet von 80 Kindern der letzten Schulstufe 39 Schüler mit einer Semesternachricht ohne Dreier.

Als gymnasialreif gelten alle Viertklässler von Volksschulen, die in der Semester-Schulnachricht keinen Dreier im Zeugnis haben.

Insgesamt 4120 Viertklässler gibt es im laufenden Schuljahr in Vorarlberg. Nur für rund 1000 von diesen wird es einen Platz in einem der zehn AHS-Langformen geben.

„Wir haben an die Schulleiter appelliert, Mut zu leistungsgerechten Noten zu zeigen.“

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