Wunschnote verfehlt, Eltern toben. So reagieren die Schulen

Gelegentlich muss die Bildungsdirektion eingreifen, wenn Eltern Schulnoten für ihre Kinder nicht akzeptieren.
Dornbirn, Bregenz Es war eine jener Situationen, in denen Pflichtschullehrer-Vertreter Willi Witzemann (63) der Kragen platzte.
“Es reicht!”, schrie er in die kleine Gesprächsrunde an einer Dornbirner Volksschule. Sein Adressat: Eine Mutter, welche die zwei Dreier ihres Buben in der Semesternachricht mit aller Vehemenz und abwertenden Bemerkungen gegenüber den Schulverantwortlichen beanstandete. “Gott sei Dank erlebe ich so etwas nicht oft. Aber diese Mutter hat System und Lehrpersonen herabgesetzt, ließ niemanden ausreden und hörte überhaupt nicht zu”, reflektiert Witzemann das Geschehene, das er am Rosenmontag gemeinsam mit Klassenlehrerin, Direktorin und Schulqualitätsmanagerin Monika Steurer (58) erlebte. Letztere spricht von “einer Lösung zum Schluss” und will die Dramatik des Treffens in diesem Ausmaß nicht bestätigen.

Motivierte Schüler und Lehrerinnen: Das ist der Idealzustand für eine Schule. Viele Eltern glauben, all das nur in einem Gymnasium zu finden. Symbolfoto: Stiplovsek
Zuspitzung nach Corona
Tatsache ist: Wegen der verteilten Ziffernnoten gibt es immer wieder mal Streit. Und das nicht nur in Schnittstellenklassen, wo eine Bildungswegentscheidung ansteht.”Es ist nach Corona ärger geworden”, räumt Monika Steurer ein. “Damals gab es vom Bildungsminister ja die Anweisung, milde zu benoten. Als wir wieder die gewohnten Standards forderten, haben Einsprüche zugenommen. Mittlerweile ist die Situation aber wieder entspannter.”

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.
Mit drei Eltern von Viertklässlern musste sich an der Volksschule Hohenems-Schwefel Direktor Christoph Jagg eingehend auseinandersetzen. “Es gab wegen der Noten Unmut. Letztlich blieben diese aber und wir mussten nicht die Bildungsdirektion bemühen.”

Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.
Simon Hagen von der Volksschule Rankweil-Montfort hatte es mit einem protestierenden Elternteil eines Viertklässlers zu tun. “Ein Kind, das einen Zweier hat.” Die Gespräche laufen weiter.

Mut zur “richtigen” Note
Auf fruchtbaren Boden fiel offenbar der Appell der Bildungsdirektion an die Volksschulleiter, allfälligem Elterndruck nicht nachzugeben und Noten leistungsgerecht zu verteilen. Dafür gibt es sogar Lob von Pflichtschullehrervertreter Witzemann. “Das gibt den Kolleginnen und Kollegen doch eine gewisse Sicherheit. Sie wissen, dass jemand auch bei für Eltern unpopulären Entscheidungen hinter ihnen steht.” Schulqualitätsmanagerin Steurer weiß, dass vor allem im dicht besiedelten Rheintal der Druck auf die Volksschullehrer groß ist. “Unsere Bewusstseinsbildung zum Verteilen leistungsgerechter Noten hat dazu geführt, dass sich Lehrerteams zusammengeschlossen und einheitliche Standards und Schularbeiten festgelegt haben. Das gibt Sicherheit.”

Viele gymnasiumsreife Kinder
Doch allen Bemühungen zum Trotz bleibt der Umstand, dass an den Volksschulen insgesamt mehr Kinder gymnasiumsreif eingestuft werden, als dann tatsächlich an einer AHS Aufnahme finden können. An der Volksschule Dornbirn-Haselstauden sind es 24 von 60 Viertklässlern, an der VS Montfort Rankweil 24 von 55. An der Volksschule Hohenems-Schwefel wurden von 54 Viertklässlern in der Semesternachricht 28 Kinder als gymnasiumsreif beurteilt. Die Volksschule Lustenau Kirchdorf meldet von 80 Kindern der letzten Schulstufe 39 Schüler mit einer Semesternachricht ohne Dreier.

Als grundsätzlich gymnasialreif gelten alle Viertklässler, die in der Semester-Schulnachricht keinen Dreier im Zeugnis haben.
Insgesamt 4120 Viertklässler gibt es im laufenden Schuljahr in Vorarlberg. Für rund 1000 von diesen wird Platz in einem der zehn AHS-Langformen sein. Dass nicht alle, die in ein Gymnasium wollen und dafür auch die Kriterien erfüllen würden, dort Aufnahme finden, gilt schon jetzt als sicher.