“Vielen bleibt nur noch ein zynisches Lachen”

Zwei in Vorarlberg lebende Russinnen über Vorgänge in ihrer Heimat verstört.
Schwarzach Svetlana möchte ihren richtigen Namen nicht nennen. „Sie können sich ja gar nicht vorstellen, was ich als Russin hier in Vorarlberg erlebe. Unlängst war ich Zeugin, wie eine Bekannte von mir, die als Russin identifiziert wurde, angespuckt und angepöbelt wurde.“ Noch mehr Angst hat Svetlana jedoch um ihre Angehörigen in Russland. „Man weiß nicht, was da passiert. Diese Geschichte mit Prigoschin ist beängstigend. Diese Ungewissheit, was nun geschieht belastet nicht nur meine Freundinnen, Freunde und Verwandte, sondern natürlich auch mich“, beschreibt Svetlana ihre Befindlichkeit. Die 46-jährige zweifache Mutter stammt aus Woronesch, dort wo ein Öllager in Flammen aufging. Seit dem Ukraine-Krieg ist für sie auch im sicheren Österreich nichts mehr so wie es einmal war.
Angst vor Überwachung
Olga Karaseva-Suppan (46) stammt zufällig ebenfalls aus Woronesch. Sie hat 21 Lebensjahre in Vorarlberg hinter sich. „Die jetzige Situation kann man gar nicht richtig einordnen. Ich weiß nur, dass in der Heimat ein Klima von Angst herrscht. Soeben hat mein Vater meiner Mutter gesagt, sie solle mir nichts erzählen. Er glaubt, das Telefon wird überwacht, und Mama könnte mir etwas mitteilen, was sie nicht mitteilen sollte.“ Ein Angehöriger hat ihr soeben Fotos vom Großbrand des Öllagers geschickt. Dieser fürchtet, eingezogen zu werden, lebt Tag für Tag unter großer Anspannung.
„Mein Papa ist Putin-Fan, meine Mama hält sich bedeckt. Der Aufstand von Prigoschin hat die Verunsicherung noch einmal größer werden lassen. Es weiß ja niemand genau, was sich hier abspielt. Alle kämpfen in meiner Heimat nur ums Überleben und würden sich nichts sehnlicher wünschen als Stabilität. Doch davon ist man weit entfernt.“ In ihren Telefonaten mit Mama, Papa sowie anderen Angehörigen und Freunden erfährt Olga vieles über die Lebensverhältnisse in ihrer früheren Heimat.
Spaltung nimmt zu
„Vielen bleibt in dieser Situation nur ein zynisches Lachen. Damit überspielen sie ihre Angst und ihre Unsicherheit.“ Die Prigoschin-Rebellion hat laut Olga Karaseva-Suppan eine zunehmende Spaltung des Landes offenbart. „Es gibt viele, die uneingeschränkt hinter Putin stehen. Aber viele tun das nicht mehr. Sie haben gesehen, dass er geschwächt ist. Offen gegen Putin Stellung zu beziehen, traut man sich natürlich nicht“, erzählt die Diplom-Krankenschwester.“ Worunter freilich alle leiden würden: „Die dramatisch gestiegenen Preise.“ VN-HK